Schleswig: Veranstaltungen zum 90. Jahrestag der NS-Bücherverbrennung

„Das Feuer brennt noch“: Erstmals in Schleswig-Holstein gibt es aus Anlass der nationalsozialistischen Bücherverbrennungen von 1933 eine Woche des Erinnerns: Vom 17. bis 25. Juni 2023 finden in Schleswig Lesungen, Vorträge, Filmvorführungen, Musik, eine Ausstellung und eine Theater-Performance sowie ein Gottesdienst statt. Historischer Bezugspunkt ist der 23. Juni 1933, als NS-Verbände die Bücherverbrennung in Schleswig inszenierten.

Die Bücherverbrennungen von 1933 zählen für das demokratische Deutschland zu den bedrückenden Sinnbildern der NS-Gewaltherrschaft. Von März bis November 1933 organisierten diverse nationalsozialistische Verbände in über 160 Orten eine reichsweite öffentliche Verbrennung von missliebigen Büchern.

Höhepunkt der Propaganda- und Terrorkampagne waren die Tage um den 10. Mai, als im Rahmen der Aktion „Wider den undeutschen Geist“ in Dutzenden Universitätsstädten Scheiterhaufen mit Werken verfemter und verfolgter Autorinnen und Autoren brannten.

Auf dem Stadtfeld, dem historischen Platz der Schleswiger Bücherverbrennung, findet am 23. Juni der Höhepunkt der Erinnerungswoche statt mit einer mehrstündigen öffentlichen Lesung aus Werken der im Nationalsozialismus

verfolgten Autorinnen und Autoren und einer offiziellen Gedenkfeier am selben Abend, u.a. mit Eka von Kalben, der Vize-Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Alle Interessierten sind dazu eingeladen, die Veranstaltungen zu besuchen und sich an der Lesung zu beteiligen.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen (außer Kino) ist frei.
Änderungen vorbehalten. Weitere Informationen unter www.schleswig.de

Hier finden Sie den Flyer zum Programm.

Hintergrund zur Bücherverbrennung in Schleswig:

Die Bücherverbrennung der Nazis fand in Schleswig am 23. Juni 1933 auf dem Stadtfeld statt. Zusammen mit der Deutschen Arbeitsfront war die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) der Hauptakteur der Schleswiger Bücherverbrennung.

Die NSBO war eine nationalsozialistische Gewerkschaftsorganisation, die eng mit der NSDAP verbunden war. Sie hatte das Ziel, die Interessen der Arbeiterschaft im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie zu vertreten und zu lenken. Im Rahmen der Bücherverbrennung in Schleswig trug die NSBO zur Organisation und Durchführung der Veranstaltung bei.

Bei dieser Bücherverbrennung wurden vermutlich vor allem Werke verbrannt, die von den Nationalsozialisten als „undeutsch“ oder „entartet“ betrachtet wurden. Dies umfasste Bücher von jüdischen Autoren, politischen Gegnern des Regimes, liberalen Schriftstellern und Intellektuellen.

Die Verbrennung von Büchern war Teil der nationalsozialistischen Unterdrückung und Propaganda, um unerwünschte Ideen zu beseitigen und die Kontrolle über das kulturelle Leben zu festigen.

Unter dem Titel „Kundgebung der deutschen Arbeitsfront am Freitag‘ lesen wir in den Schleswiger Nachrichten vom 22.6.1933:

Zentnerweise lagen die ausrangierten Bücher und Schriften auf und unter einem großen Tisch. Sah man sich diese Bücher auf den Verfasser hin an, so musste jedem auffallen, dass fast ausschließlich Juden die Schmierfinken gewesen sind.

Der Ekel kriecht einen an, wenn man bedenkt, auf welche versteckte, gemeine Weise, mit welch raffinierter, vulgärer Ausdrucksweise diese Volksfeinde versuchten, an die deutschen Arbeiter heranzukommen.

Ein manchmal harmlos erscheinender Roman entpuppte sich als schlimmes Gift, wenn man auch nur einige Zeilen begann zu lesen. — Die Schleswiger Arbeiterschaft muß der NSBO dankbar sein, die Bücherei von dem gröbsten Schmutz befreit zu haben

Schleswiger Nachrichten vom 22.6.1933 via „Verbrannte Orte„

Es ist wichtig, sich an solche Ereignisse zu erinnern, um die schrecklichen Auswirkungen der nationalsozialistischen Ideologie und der Einschränkung der Meinungsfreiheit zu verstehen. Bücherverbrennungen wie diese symbolisieren die Zerstörung von Wissen, Meinungsvielfalt und kulturellem Erbe.

Beitragsbild: Von Bundesarchiv, Bild 102-14597 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5415527

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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