Rückblick: Es ist der 6. März 1981 und der dritte Verhandlungstag im Strafprozess gegen den wegen Mordes an ihrer Tochter Anna angeklagte Klaus Grabowski (35) soll statt finden. Der Angeklagte ist ein vorbestrafter Sexualstraftäter, der solle den Mord bereits gestanden haben.
Bachmeier schmuggelt eine Pistole des Typs Beretta 70 Kaliber 22 mit in den Gerichtssaal des Lübecker Landgerichts. Sie versteckt die Waffe unter ihrer weiten Manteltasche. Im Gerichtssaal angekommen, zieht sie die Pistole aus der Manteltasche, zielt mit der Waffe auf seinen Rücken, drückt acht Mal ab. Sieben der Schüsse treffen Grabowski, er sackt zusammen, ist sofort tot.
Verfilmung
Bachmeiers Geschichte wird 1984 zweimal verfilmt: 1. Annas Mutter – Regie: Burkhard Driest (mit Gudrun Landgrebe) und 2. Der Fall Bachmeier – Keine Zeit für Tränen – Regie: Hark Bohm (mit Marie Colbin). Hier ein kurzer Ausschnitt, der die Tat zeigt:
Was folgt, darf als der bis dato aufsehenerregendste Fall von Selbstjustiz in der Bundesrepublik genannt werden. Er löst ein großes Medienecho aus und wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Traumatische Kindheit
Marianne Bachmeier verkauft ihre Lebensgeschichte für rund 250.000 D-Mark exklusiv an das Nachrichtenmagazin Stern. Sie vertraut sich dem Stern-Reporter Heiko Gebhardt an, der sie während ihrer Untersuchungshaft besuchen darf.
In 13 Folgen erfahren die Leser Details aus Mariannes traumatische Kindheit und Jugend. Sie wächst in einem streng gläubigen Elternhaus mit einem autoritären Vater auf: einem ehemaligen Mitglied der Waffen-SS. Marianne ist mit 16 Jahren zum ersten Mal schwanger und erwartet mit 18 erneut ein Kind.
Beide Töchter gibt sie zur Adoption frei. Kurz vor der Geburt der zweiten Tochter wird sie vergewaltigt. Als 1973 ihre dritte Tochter Anna zur Welt kommt, behält die damals 23-Jährige das Kind bei sich.
Am 2. November 1982 wird Marianne Bachmeier vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Lübeck wegen Mordes angeklagt. Nach 28 Verhandlungstagen ergeht am 2. März 1983 das Urteil: Sie wird wegen Totschlags und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Nach drei Jahren wird sie vorzeitig entlassen.
Leben und Tod bleibt Bachmeiers Lebensthema
Marianne Bachmeier heiratet 1985 und zieht 1988 mit ihrem Ehemann, einem Lehrer, nach Lagos in Nigeria. Dort lebt sie in einem deutschen Camp, in dem ihr Ehemann an der deutschen Schule unterrichtet. Sie läßt sich 1990 von ihm scheiden und geht nach Sizilien. Sie arbeitet in Palermo als Sterbehelferin in einem Hospiz. Wenig später erfährt sie, dass sie an Krebs erkrankt ist.
Es war eigentlich ihr Wunsch gewesen, in ihrer Wahlheimat Palermo zu sterben. Das sollte nicht klappen, sie kehrt nach Deutschland zurück und macht ihr Sterben öffentlich. Ihre letzten Lebenswochen läßt sie auf eigenen Wunsch von einem NDR-Reporter filmisch dokumentieren. Sie stirbt am 17. September 1996 im Alter von 46 Jahren.
Tat geplant?
Jahre nach der Tat spricht vieles dafür, dass Marianne Bachmeier, anders als im Prozess behauptet, ihre Rache lange geplant hatte. So erklärte sie selbst 1995 in der ARD-Talkshow „Fliege“, dass sie den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter nach reiflicher Überlegung erschossen habe – um ihn zu richten und um zu verhindern, dass er weiter Unwahrheiten über Anna verbreite.
In einer ARD-Dokumentation von 2006 erzählte eine frühere Freundin zudem, dass Marianne Bachmeier nach dem Mord an Anna im Keller unter ihrer Kneipe schießen geübt habe. Ihre Rachetat hat Marianne Bachmeier nie öffentlich bereut.
Beitragsfoto: Symbol