Flensburg: Norderstraße – eine der 18 „verrücktesten Straßen der Welt“

Die Norderstraße in Flensburg ist eine historische Durchgangsstraße in der Altstadt. Die größtenteils mit Kopfsteinpflaster belegte Straße gilt als multikulturelles „Szeneviertel Flensburgs“. Und dann ist da noch die Sache mit den baumelnden Schuhen. Mit ihrem Shoefitti hat die Norderstraße sich schon 2014 den Titel als eine der „verrücktesten Straßen der Welt“ ergattert.

Wer in der Flensburger Altstadt die Norderstraße passiert, hat sie sicher schon oben gesehen: die an Fahrdrähten der ehemaligen Straßenbahn hängende Schuhe. Die auch als „Shoefitti“ (von engl. shoe – Schuh und graffiti – Graffiti) genannte Art machte die zur Schuh-Allee avancierte „Norder“ weltbekannt. 2014 kürte das millionenfach gelesene New Yorker Reisemagazin Travel + Leisure die Norderstraße zu einer der 18 „verrücktesten Straßen der Welt.“ Doch was hat das auf sich mit den hängenden Schuhen?

Die ausgelatschten Schuhe sind bei Touristen ein beliebtes Fotomotiv und haben sich zum Kultstatus gemausert. Über 500 Schuhe baumeln an den Seilen, sie gelten als inoffizielles Wahrzeichen Flensburgs und werden von Stadtführungen aufgenommen (Quelle).

Das New Yorker Reisemagazin Travel + Leisure erklärte Oktober 2014 in einem Ranking die Norderstraße wegen ihrer hängenden Schuhe zu einer der 18 „seltsamsten„ bzw. “„verrücktesten Straßen der Welt.“. Im Travelbook rangiert die Norderstraße auf Platz vier der elf „verrücktesten Straßen der Welt“ (Quelle).

Shoefiti“ – oder was ist das da oben mit den Schuhen?

Einst fuhr durch die Norderstraße die Straßenbahn. Davon ist allerdings nichts mehr geblieben, bis auf eben die Drähte, an denen die Schuhe heute hängen. Wie das alles angefangen hat, darüber ranken sich Erzählungen. 

Fakt ist, das sogenannte Shoefiti ist nicht neu. Es wird berichtet, dass Paare Schuhe zusammenbinden und über Äste, Leinen, Kabel oder dergleichen werfen. Da Shoefiti ist innerhalb der Straßenkunst ein weltweit zu beobachtendes Phänomen (siehe Quelle).

Der Trend soll aus Schottland und den Vereinigten Staaten stammen (Quelle). In Schottland soll es schon lange Brauch der Männer sein, ihre Schuhe ins Fenster zu hängen, sobald sie nicht mehr jungfräulich sind (Quelle).

Im Stadtteil Bronx von New York sollen baumelnde Schuhe ein Drogengebiet markiert haben und Straßengangs sollen Schuhe an Orten hinterlassen haben, an dem eines ihrer Mitglieder getötet wurde (Quelle).

Im Kultfilm „Wag the Dog – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“ (1997) von Barry Levinson kreierte der Hauptdarsteller Brean eine Sympathiekundgebung für den angeblich verschollenen US-Soldaten William Schumann „Old Shoe“, indem er seine Schuhe in eine Baumkrone wirft. Dies wird zum Ausgangssignal für eine Bürgerbewegung, die das Signal aufgreift.

Wie kam der „Shoefiti“– Trend nach Flensburg?

Seit 2005 wird dieses Phänomen in Flensburg beobachtet. Doch wer warf den ersten Schuh? Und warum? Eine Erzählung ist diese: Kunden eines Skatershops sollen nach Kauf neuer Sneaker ihre alten Schuhe zurückgelassen und der Ladenbesitzer sie über die Leinen geworfen haben. Sein Nachbar vom St.-Pauli-Fanshop soll sich bald darauf angeschlossen haben.

Martina Weychardt aus Glücksburg vertritt „die Theorie (…), dass die gen Himmel schreienden Schuhe von skandinavischen Pilgern stammen, die ursprünglich nach Santiago de Compostela wollten“. Johann Lewy will beobachtet haben, „wie ein junger Mann mit Zylinder und ein hübsches Mädchen mit blondem Haar auf den Seilen tanzten und beim Abstieg ihre Schuhe verloren. Was daraus geworden ist, sehen wir heute.“ Dieses alles Berichte von Augenzeugen, die in einem Buch* zusammengefaßt wurden.

Und die Sache spitzte sich noch zu: 2017 warfen Studentinnen aus Flensburg ihre BHs über die Shoefiti-Seile, um in der Mai-Ausgabe des Campusmagazins 54° Nord „ein Zeichen für natürliche Schönheit, Vielfalt und Selbstbestimmung“ zu setzen (Quelle).

Ok, viele Erzählungen drehen sich um das Phänomen. Dabei könnte die Wahrheit doch ganz profan sein: Jeder, der sich ein Paar neue Schuhe kauft, wirft die ausgedienten Schuhe flugs über das Seil. Einer hat im Jahr 2007 damit angefangen – und unzählige Nachahmer gefunden. So einfach könnte das sein …, könnte.

*Literatur: „Das Geheimnis der hängenden Schuhe. Heimliche Geschichten aus Flensburg oder wie die Schuhe in die Norderstraße kamen“. Hrsg.: IG Lebendige Altstadt Hafen/Nordertor e.V. Flensburg, ISBN 978-87-92994-16-5.

Gibt es weitere kuriose Straßen in Schleswig-Holstein, die es mit der Norderstraße aufnehmen können? Kennen Sie die kürzeste, schrägste oder kaputteste Straße im Land? Oder sind Ihnen Wege mit ganz eigenartigen Geschichten geläufig? Dann senden Sie bitte Ihre Vorschläge zu, Danke!

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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