Hellschen-Heringsand-Unterschaar ist eine Gemeinde im Kreis Dithmarschen. Und sie ist Rekordhalter: Hellschen-Heringsand-Unterschaar hat mit 32 Zeichen den längsten Namen in Deutschland. Und neben Rehm-Flehde-Bargen ist sie zudem eine von zwei Gemeinden in Deutschland mit einem Triplenamen. Und es gibt noch eine Besonderheit (1) mehr, den Hellschen-Heringsand-Unterschaar bietet. Grund genug, einen Blick in die Vergangenheit des Rekordhalters zu wagen.
Wer zum ersten Mal den Name hört, wird sich fragen, wo liegt denn der Ort? Hellschen-Heringsand-Unterschaar liegt in Dithmarschen zwischen Büsum und Heide. Und nah am Meer, nur wenige Kilometer von der Nordsee entfernt.
Etwa 180 Menschen leben dort, inmitten der herrlichen Marsch, des Naturraums Dithmarscher Marsch, nahe der Mündung des Flusses Eider in die Nordsee. Im Westen erstreckt sich das Gebiet bis an den Sockel des vorgelagerten Wesselburener Watts.
Dorf-Chronik (gekürzt)
Als Anfang der Entstehung der Gemeinde ist die Zeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts anzusehen. Die beiden schon bestehenden Feldmarken „Hellschen“ und „Unterschaar“ ( die zu jener Zeit die Bezeichnung „Altefeldt“ trugen) wurden zusammen geführt mit der neuen Gemarkung „Heringsand„.
Die Gemeinde Hellschen-Heringsand-Unterschaar, wie wir sie heute kennen, entstand am 1. April 1934 aus einem Teil des Kirchspiels Wesselburen. Hauptort ist Hellschen mit dem Feuerwehrgerätehaus und dem Dorfgemeinschaftsraum.
Hochburg der Nationalsozialisten
Wie in ganz Deutschland, so wühlte auch in Dithmarschen die braune Bagage. Wir schauen zurück, kurz vor der Hoch-Zeit der Nazis: Die Jahre 1924 – 1933 waren für Dithmarschen und damit auch für die Gemeinde wirtschaftlich schlecht. Waren mehrfach Bauern schon durch die Inflation in Schulden geraten, so nahm die Verschuldung allgemein noch dadurch zu, dass in einigen Jahren ungünstige Ernten eintraten, für Gemüse nur geringe Preise erzielt wurden und die Viehpreise nach 1930 stark sanken.
80% der Bauern in Dithmarschen waren mehr oder weniger stark verschuldet. Manche Bauern hatten nicht genügend Geld zur Verfügung, um ihre Wirtschaft gut instandzuhalten, die Handwerker und Arbeiter zu bezahlen und ihren Zins-, Steuer-, und Abgaben-Verpflichtungen rechtzeitig nachzukommen.
Mehrfach fanden Kundgebungen und Protestversammlungen der Bauern wegen ihrer misslichen Lage statt. Wie in den Städten, so nahm auch auf dem Land die Arbeitslosigkeit und damit auch der Kommunismus zu.
Als im Januar 1933 der Nationalsozialismus zur Macht kam, besserten sich die Verhältnisse. Der Bauer erhielt sine Erzeugnisse wieder ausreichend bezahlt, die Arbeitslosigkeit nahm nach und nach ab.
In dieser Zeit war der Kreis Norder-Dithmarschen eine Hochburg des Nationalsozialismusses. Auch in der Gemeinde waren die Nationalsozailisten stark vertreten.
Zwischen ihnen und den Kommunisten kam es mehrfach zu Auseinandersetzungen und blutigen Schlägereien. Aber auch sonstige Personen, die der NSDAP nicht beitraten oder sie gar bekämpften, wurden von ihnen verfolgt. In einzelnen Fällen wurden Leute ganz unberechtigt eingesperrt, anderen wurden die Fenster eingeworfen oder es wurde ihnen sonst übel mitgespielt. Diese Zustände besserten sich erst nach 1935 etwas.
Am 1. September 1939 brach der zweite Weltkrieg aus, der so viel Leid und Unglück übers Volk und Land gebracht hatte.
Folgen des Krieges: Leid, Kriegsgefangene und Flüchtlinge
Je länger der Krieg dauerte, desto mehr machte sich das Fehlen der eingezogenen jüngeren arbeitskräftigen Leute im Wirtschaftsleben der Gemeinde bemerkbar.
Die zugewiesenen französischen, belgischen und russischen Kriegsgefangenen und die polnischen zivilen männlichen und weiblichen Arbeitskräfte konnten die zum Militärdienst einberufenen Einwohner nicht voll ersetzen, so dass ein guter geordneter Wirtschaftsbetrieb nicht aufrecht zu erhalten war.
Im Jahre 1942 fanden sich die ersten Städer ein, die vor den Bombenangriffen aus ihrer Heimatstadt geflohen waren und bei Verwandten oder Bekannten Schutz suchten, ihnen folgten Ausgebombte und Evakuierte aus Kiel, Hamburg usw. und 1944-1947 kamen die Flüchtlinge aus dem Osten.
Nach einer Zählung vom 19./20. Oktober 1946 waren an diesem Tage neben 212 Einheimischen 201 Flüchtlinge in der Gemeinde anwesend. Die Unterbringung so vieler fremder Personen wurde mit der Zeit immer schwieriger, und diese mußten sich mit einer kaum noch menschenwürdigen Unterkunft begnügen.
Das enge Zusammenleben der Einheimischen und Zugezogenen war natürlich für beide Teile unbequem und lästig und führte mehrfach zu Unfrieden und unliebsamen Zusammenstößen.
Von Mai bis September 1945 war der Kreis Norder-Dithmarschen Sperrzone, in der viele deutsche Kriegsgefangene, darunter auch Ungarn und Letten, interniert waren. Die Gemeinde mußte über 3000 Soldaten aufnehmen; die Flüchtlinge waren während dieser Zeit in andere Gegenden des Kreises gebracht worden. (Quelle: Dorfchronik)
Soweit der – verkürzte – Ausflug in die Triplenamen-Vergangenheit des Ortes.
(1) Besonderheit: Architekturpreis
Kommen wir nun zu der oben erwähnen weiteren Besonderheit. Die bildet ein freistehendes Haus im Dorf. Das wurde vom Architekten Klaus Sill entworfen und in den Jahren 1994 und 1995 erbaut. 1999 gewann dieses einen zweiten Rang im BDA-Architekturpreis des Landes Schleswig-Holstein. Das Gebäude sollte mit der Landschaft der nahen Nordseeküste harmonieren.
Der Bau hat deshalb zur Wetterseite nach Nordwesten hin eine geschlossene Betonfassade mit Aluminium und Blechverkleidung als Schutz gegen die Umwelt. Nach Süden bildet eine Holz- und Glaskonstruktion eine windgeschützte Terrasse. Es soll damit sowohl die Differenz als auch Komplexität der Landschaft widerspiegeln, aus der es sich formte.
In der Tat, Dithmarschen hat einen gewissen landschaftlichen Reiz. Es lohnt sich einen Abstecher zu unternehmen. Es muss nicht gleich Hellschen-Heringsand-Unterschaar sein – es gibt viele Orte und Landschaften, die es zu besuchen lohnt, im Blog viele Beispiele und Geschichten.
Beitragsbild: Dithmarschen gilt als das größte Anbaugebiet für Kohl in Europa. Traditionell feiert der Kreis im Herbst die Kohltage. Angebaut wird Kohl in Dithmarschen bereits seit 1889.