Gebäude erzählen Geschichten: St.-Jürgen-Straße 20, Flensburg

Wenn Gebäude reden könnten, würden sie die vielfältigsten, buntesten und verrücktesten Geschichten erzählen können. Das Leben spielt sich in den Gebäuden ab, seit Generationen und Epochen. Ob Dramen, Feste oder banaler Alltag, viele der Gebäude wahrten ihr würdiges Gesicht, während im Innern das Leben seine Spuren hinterließ. Spuren hinterließen auch gewisse Kapitäne im Flensburger Kapitänsviertel – hier ist eine Geschichte

Das historische Gebäude, über das die Rede sein soll, liegt im sogenannten Flensburger St.-Jürgen-Straße, in der St.-Jürgen-Straße 20. Es wurde um 1780 von einem Kapitän erbaut. Der Kapitän hatte seinen Reichtum durch den Fernhandel mit Norwegen, Frankreich, dem Mittelmeer und Westindien erlangt. Da er innerhalb der Stadtgrenzen von Flensburg kein Baugrundstück fand, errichtete er sein Haus außerhalb der Stadtmauern.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt ein Bauverbot außerhalb der Stadtmauern. Die Grundstücke auf der Ostseite des Hafens lagen außerhalb der Stadtmauern und gehörten dem politisch eigenständigen Kloster. Die Bauvorschriften von Flensburg galten dort nicht. Daher konnten viele Seeleute zwischen dem Hafen und der St.-Jürgen-Straße Grundbesitz erwerben und ihre Häuser bauen. Erst im Jahr 1874 wurde Jürgensby in die Stadt eingemeindet.

St.-Jürgen-Straße im Sommer-Abendlicht, Blickrichtung Norden

Die St.-Jürgen-Straße führte einst zum St.-Jürgen-Hospital, das im Mittelalter an dieser Stelle stand und seit 1907 durch die St.-Jürgen-Kirche ersetzt wurde. Der heilige Jürgen (dänisch für Georg) war der Schutzpatron von Krankenhäusern und Siechenhäusern. Das Hospital behandelte vor allem Leprakranke.

Das Gebäude selbst ist ein Backsteintraufenhaus mit einem Zerchgiebel und steht auf einer Terrasse, die durch Feldsteinmauerwerk gestützt wird. Die geschlämmte Fassade ist durch pilasterähnliche Lisenen vertikal und ein Traufgesims horizontal gegliedert.

Zieranker verbinden das Mauerwerk mit den Tragbalken. Die zweiflügelige Haustür im Louis-Seize-Stil ist mit Schnitzereien versehen und stammt noch aus dem Originalbau von 1780.

Über das Kapitänsviertel

Das Kapitänsviertel in Flensburg ist ein Stadtviertel mit einer reichen maritimen Geschichte und einem besonderen Charme. Es liegt im östlichen Teil der Stadt, in der Nähe des Hafens und der Flensburger Förde. Das Viertel verdankt seinen Namen der Tatsache, dass viele Kapitäne und Seeleute in diesem Bereich des 18. und 19. Jahrhunderts lebten.

Im Kapitänsviertel finden sich zahlreiche gut erhaltene Altbauten aus der Zeit, als Flensburg ein bedeutender Handelshafen war. Die Häuser wurden von wohlhabenden Kapitänen und Reedern errichtet, die in der Seefahrt tätig waren und ihren Wohlstand durch den Handel mit verschiedenen Ländern erlangten. Diese Gebäude zeichnen sich oft durch ihre besondere Architektur aus, die von norddeutschen Traditionen und maritimen Einflüssen geprägt ist.

Das Viertel ist geprägt von engen Straßen, gepflasterten Gassen und schönen Altbauten. Viele der Häuser haben prächtige Fassaden, Verzierungen und kleine Vorgärten. Das Kapitänsviertel strahlt eine besondere Atmosphäre aus und lädt zum Spazieren und Entdecken ein.

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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