Er steht im Eingangsbereich im kleinen Findlingsgarten zum Eiszeit-Haus in Flensburg: Protzig, mächtig, ein Koloss, ein 11 t schwerer Findling und verdammt alt. Wie der da hinkam, ist eine spannende Geschichte – und: Ein Besuch lohnt sich gleich dreifach, doch dazu weiter unten mehr.
Korrekt handelt es sich beim Koloss vom Eiszeit-Haus um einen Växjö-Granit (1). Kanalarbeiten im Alten Kupfermühlenweg förderten diesen massigen Findling zutage. Wäre alles nach Plan verlaufen, wäre er unverzüglich in der Kiesverarbeitung gelandet.
Dazu eine kleine Transport-Geschichte: Beim Versuch, den Växjö-Granit abzutransportieren, rutschte er mit Gepolter von der Baggerschaufel auf die Straße. In der dadurch gewonnenen Zeit konnte über die lokale Presse das Naturwissenschaftliche Museum informiert werden – so wurde mit diesem Småland-Granit ein ansehnliches Exemplar der Außerhaus-Geschiebesammlung (2) des Eiszeit-Hauses hinzugefügt.
Wie kommt denn nun der Stein nach Flensburg? Dazu ist der Infotafel zu entnehmen:
„Dieser 11 t schwere Findling stammt aus Südostschweden. Fast 500 km weit hat das Gletschereis ihn transportiert und vor ca. 20.000 Jahren im Boden des heutigen Alten Kupfermühlenweg in Flensburg liegen lassen. Der Findling selbst ist 1,7 Milliarden Jahre alt.
Der Stein mit seinem schönen Muster aus gedämpftem Rosa (aus Kalifeldspat), Goldgelb (Plagioklas), Schwarz (Biotitglimmer) und Grau (Quarz) gehört zu den östlich von Växjö (1) in Småland verbreiteten Växjö-Graniten.„
Wissenswertes über das Eiszeit-Haus
Das Eiszeit-Haus ist das erdgeschichtliche Schaumagazin des Naturwissenschaftlichen Museums Flensburg. Das Museum ging aus der bedeutenden geologisch-paläontologischen Sammlung des Flensburger Lehrers Hans Philippsen (1866-1926) hervor.
Die historischen Sammlungen sowie Kollektionen aus jüngerer Zeit sind nach Absprache im Eiszeit-Haus zugänglich.
Ein Schwerpunkt der aktuellen Sammlungstätigkeit besteht im Aufbau einer systematischen Sammlung kristalliner Geschiebe einschließlich einer Vergleichssammlung mit zahlreichen Proben aus Skandinavien.
Das schöne, denkmalgeschützte Gebäude gehört zum alten Gebäudebestand des Christiansenparks. Es ist um 1820 als Wirtschaftsgebäude entstanden und wurde für die Unterbringung von Pferden genutzt. Auf dem Dachboden lagerte Stroh und Heu; im Keller befinden sich noch heute alte Brunnen.
Die Stadt Flensburg baute das Gebäude auf Initiative des damaligen Bürgermeisters und Kulturdezernenten Hermann Stell zum Schaumagazin des Naturwissenschaftlichen Museums um (Eröffnung am 2.8.2002).
(1) Växjö ist eine Universitätsstadt in Südschweden. Die Residenzstadt liegt in der historischen Provinz Småland und ist die Hauptstadt der Provinz Kronobergs län. Växjö als Hauptort der gleichnamigen Gemeinde hat 71.009 Einwohner (2020) und ist damit die 18. größte Stadt in Schweden.
(2) Geschiebesammlung am Eiszeit-Haus
An der Rückseite des Flensburger Eiszeit-Hauses ist eine kleine Sammlung verschiedener eiszeitlicher Geschiebeblöcke zu sehen. Dazu gehört auch der oben beschriebene Findling. Weiters im Bild ein Windkanter sowie ein 1,8 Mrd. Jahre alter Kalksteinblock (r. i. Bi.).
Hinweis: Aufgrund von Bauarbeiten bleibt das Eiszeit-Haus noch bis auf Weiteres geschlossen.
Als Geschiebe bezeichnet man Gesteine, die während der vergangenen Eiszeiten durch Gletscher transportiert wurden (Gletschergeschiebe) und nach dem (vorläufigen) Verschwinden des Eises großflächig abgelagert wurden.
Mumien- & Spiegelgrotte – weltweit einzigartig!
Ein Besuch des Eiszeit-Hauses innen, des Kolosses und der Geschiebesammlung draußen, lohnt sich gleich doppelt. Denn seitlich vom Eiszeit-Haus liegt die Mumiengrotte.
Die Mumiengrotte, die im Christiansenpark liegt ist, ebenso wie die Spiegelgrotte auf der Südseite des Museums, weltweit einzigartig.
Und somit für die Gartenkunst von besonderer Bedeutung. Die Mumiengrotte (Bild1) stammt aus der Anfangszeit der Gartenanlage, aus dem Jahre 1820.. Hierin liegt ein antiker phönizischer Sarkophag aus der Zeit um 400 v. Chr.
Die Spiegelgrotte wurde ca. 1820 durch Andreas Christiansen jun. als unterirdischer achteckiger Zentralbau eingerichtet und war mit 13 Spiegeln ausgekleidet, die durch ihre Spiegelungen ins Unendliche den kleinen unterirdischen Raum unendlich groß erscheinen lassen und Fragen nach der Endlichkeit und Unendlichkeit von Raum und Zeit aufwerfen.
Wie komme ich da hin? Alle Besichtigungspunkte liegen nicht weit auseinander, sie lohnen sich für einen Spaziergang.
Das Eiszeit-Haus findet sich im alten Wirtschaftsgebäude des denkmalgeschützten Christiansenparks, Mühlenstraße 7, Flensburg.
Unterhalb des Eiszeit-Haus liegt, wie erwähnt, die Grotte, sie ist zu Fuß über einen kleinen Weg leicht zu finden.
Der Christiansenparkt mit Eiszeit-Haus und Mumiengrotte ist zu Fuß in 5 Minuten vom Museumsberg und in 20 bis 30 Minuten vom Bahnhof zu erreichen.
Mit dem Auto dauert die Anfahrt von der Bundesautobahn A7 (Abfahrt „Flensburg“) ca. 5 bis 10 Minuten. Kostenlose Parkplätze gibt es am Haus.
Die nächsten Bushaltestellen der Linie 2 heißen „Museumsberg“ an der Stuhrsallee und „Wrangelstraße“ an der Mühlenstraße
Die Spiegelgrotte liegt am Museumsberg, etwas seitlich gelegen, Straßenzug Museumsberg / Friedrichstraße.
Info
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Ein Gedanke zu „Flensburg – Erdgeschichte: Der Koloss vom Eiszeit-Haus & Mumiengrotte & Spiegelgrotte“