Der Nordermarkt, der Neptunbrunnen und die unendliche Lust am Klauen

Der Nordermarkt gilt als der älteste Markt in Flensburg. Er ist im Sommer einer der beliebtesten Plätze in Flensburg. Dies liegt nicht an seinem Wahrzeichen, dem Neptunbrunnen, (von dem noch die Rede sein wird), sondern auch, dass rund um den Nordermarkt Kneipen zu finden sind. Bei gutem Wetter hängen die Gäste draußen an Tischen ab und lassen es sich gut gehen. Was das Ganze nun mit dem Neptunbrunnen und der Lust am Klauen zu tun hat, darüber mehr in diesem Post

Wer den Nordermarkt besucht, wird ihn nicht übersehen, den Neptunbrunnen. An ihm zieren Stadt- und Königswappen sowie das Spiegelmonogramm des dänischen Königs Friedrich V. Er ist zentraler Punkt und Wahrzeichen auf dem Mark. Baumeister Ludwig Neumann hat den Rokoko-Brunnen 1758 erschaffen. Heute ist er auch ein Ort des Brauchtums, unterziehen sich doch vor dem Brunnen seit den 1980er-Jahren Schüler der Duborg-Skolen nach bestandenem Abitur einer „Neptuntaufe“ (1). Normalerweise hält der auf dem Brunnen thronende König Neptun (2) einen vergoldeten Dreizack in seiner kleinen Faust, normalerweise:

Doch der Dreizack wird seit den 2000er-Jahren vermehrt geklaut. Und mehr noch: Unbekannte rissen beim Klauen dem armen König Neptun die rechte Hand ab und besprühten ihn mit violetter Farbe. Warum violett? Weiß der Teufel.

König Neptun sieht ein wenig verloren aus ohne seinen vergoldeten Dreizack in seiner kleinen Faust, Foto: Nov. 2022

In diesem Zustand verblieb die Figur über Jahre. Einige Jahre später, 2013 stellte ein Gutachten des Landesamts für Denkmalpflege Verheerendes fest: Der Brunnen ist auf Grund natürlichen Verschleißes, durch Vandalismus sowie durch Schwingungen im Untergrund, die vom Lieferverkehr für die Ladenlokale herrührten, stark beschädigt. (Quelle)

Der Dreizack und die unendliche Lust am Klauen

Zwei Jahr später, 2015 wird der Brunnen mitsamt der Figur umfassend wieder renoviert. Und was passiert? Der neu eingefügte Dreizack aus Metall wird kurz darauf erneut geklaut.

Nun reagiert der Verschönerungsverein Flensburg (3). Statt eines vergoldeten Metall-Dreizack hält der arme armen König Neptun eine Kopie aus Gießharz in seiner rechten Hand.

Und nun will man es den Dieben schwer machen: Der Dreizack weist Sollbruchstellen auf, damit der Vandalismus nicht noch zu weiteren Schäden an den Gliedmaßen führt.

Der Dreizack hat absolut keinen Wert, er zerbricht, wenn Diebe auf dem Nordermarkt unterwegs sind. Er kann Neptun einfach nicht aus der Hand genommen werden.

Der Flensburger Verschönerungsverein fertigt die Kopien an und bezahlt sie, und obwohl das Material nicht teuer ist, kostet der Arbeitsprozess Geld. Sie wird in eine Form gegossen und mit Goldfarbe bemalt, und hier liegt vielleicht die Lösung für den Diebstahl.

Doch alle Mühe ist umsonst. Selbst der wertlose Dreizack wird geklaut, Vandalismus auf niedrigem Niveau setzt sich fort.

Der Verschönerungsverein Flensburg forderte in der Vergangenheit zum Schutz des Kulturdenkmals eine Videoüberwachung sowie einen Kranz mit sechzig Zentimeter langen Stahlspitzen sowie eine Bannmeile, um den Vandalismus dauerhaft zu beenden. Dem wurde von der Stadt Flensburg nicht entsprochen.

Und selbst wenn dem entsprochen worden wäre, hielt das Bekloppte ab und würde der unendlichen Lust am Klauen Paroli geboten? Auch das weiß nur der Teufel!

Aktuell ist der Dreizack wieder „im Besitz“ vom König Neptun, wie das Video zeigt:

Quellen / Weiterführende Informationen

(1) Die „Neptuntaufe“ ist eine der interessanteren Traditionen der Duborg-Skolen. Die Abiturienten tragen weiß/bordeauxfarbene Mützen und ziehen nach bestandener Prüfung mit dem Schlachtruf „Vi er studenter!“ durch die Stadt. Ein ungeschriebenes Gesetz sieht dabei „Strafen“ vor, wenn ein Abiturient in der Öffentlichkeit ohne diese Mütze angetroffen wird. Die flinksten Schüler klettern auf die Spitze der Statue, so dass die Zuschauer auf dem Platz bei diesem alljährlichen Spektakel um das Leben und die Gesundheit der jungen Leute und um die Statue fürchten.

(2) Der römische Gott Neptun (lateinisch Neptūnus, etruskisch Nethun(u)s) entspricht dem griechischen Wassergott Poseidon und war ursprünglich vermutlich der Gott der fließenden Gewässer, der springenden Quellen oder sogar des Wetters. Der Brunnen symbolisiert somit (einmal mehr) die enge Verbindung der Stadt mit der Seefahrt.

(3) Der im Jahre 1880 gegründete Verschönerungsverein Flensburg e.V. – kurz VVF – ist der parteipolitisch unabhängige Zusammenschluss von Bürgern, die am Erhalt des typischen Erscheinungsbildes ihrer Heimatstadt interessiert sind.

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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