„Die Zebras“: Ausstellung im Stadtmuseum würdigt 100 Jahre Handball im THW Kiel

Der THW Kiel ist einer der bekanntesten Clubs des Welthandballs. Die „Zebras“ sind nicht nur deutscher Rekordmeister und Rekordpokalsieger. Sie gewannen zudem vier Mal die Champions League, viele THW-Spieler feierten Triumphe bei Olympischen Spielen und bei Weltmeisterschaften. Eine Ausstellung erzählt die Geschichte dieses Erfolgsvereins aus Schleswig-Holstein

Wie entwickelte sich diese Erfolgsgeschichte, die vor 100 Jahren im kleinen Kieler Vorort Hassee begann? Und was beförderte den Turnverein Hassee-Winterbek zu einer globalen Marke des Sports? Davon will das Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseum Hof mit der Ausstellung „Die Zebras – ein Jahrhundert Handball“ mit außergewöhnlichen historischen Objekten erzählen.

Sie ist vom 2. April 2023 bis 28. Januar 2024 im Stadtmuseum Warleberger Hof, Dänische Straße 19, zu sehen. Die Schau zeichnet nach, wie aus Kindern und Jugendlichen, die im Sommer 1923 das neue Spiel ausprobierten, innerhalb von nur 25 Jahren die beste Mannschaft Deutschlands wurde.

Sie erzählt von THW-Legenden wie Hein Dahlinger und Magnus Wislander, Trainer Noka Serdarusic und Manager Uwe Schwenker. Sie beleuchtet auch Krisen und Einschnitte. Im Mittelpunkt aber steht die Leidenschaft der „Zebra“-Fans. Diese sind herzlich eingeladen, ihre ganz persönlichen THW-Erinnerungen mit den Besuchern der Ausstellung zu teilen.

Unter www.thw-geschichten.de können Interessierte eigene Videos, Texte, Fotos oder Sprachaufnahmen einreichen. Nach einer redaktionellen Bearbeitung werden die Fan-Beiträge dann innerhalb von sieben Tagen auf der interaktiven Station in der Ausstellung veröffentlicht. 

Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 2. April, um 11.30 Uhr von Stadtpräsident Hans-Werner Tovar, Museumsdirektorin Dr. Sonja Kinzler und Kurator Erik Eggers, einem Historiker und Handballjournalisten.    

Ein Jahrhundert Handball – eine Kieler Erfolgsgeschichte 

Handball, from the Games and Sports series (N165) for Old Judge Cigarettes by Goodwin & Company is licensed under CC-CC0 1.0

Als einer der erfolgreichsten Handballclubs Europas gehört der THW Kiel heute zu den populärsten Repräsentanten der Landeshauptstadt, er hat eine ähnliche Strahlkraft wie die Kieler Woche. Das macht den THW auch zu einem museumswürdigen Teil der Stadtgeschichte.

Anlass für die Ausstellung „Die Zebras. Ein Jahrhundert Handball“ ist ein Jubiläum: Vor 100 Jahren – im Sommer 1923 – spielten Kinder und Jugendliche im Turnverein Hassee-Winterbek das erste Mal Handball. 

Warum stieg ausgerechnet der kleine Verein vor den Toren Kiels im Feldhandball bis 1948 in die nationale Spitze auf? Welche großen Spieler, Trainer und Manager sorgten seither in der Halle für weitere Titel und Triumphe? Welche existenziellen Krisen musste der Club überstehen?

Viele ungewöhnliche Exponate erzählen von einer großen Erfolgsgeschichte und der Leidenschaft der Fans. So zeigt die Schau den Ball aus dem Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1962 oder den mächtigen Champions-League-Pokal von 2007 – aber auch die Trillerpfeife, die Trainer Noka Serdarusic im Training nutzte. 

Die chronologisch aufgebaute Ausstellung widmet sich verschiedenen wichtigen Zeiträumen der THW-Geschichte. Nach der Aufbauphase bis 1945 wird von der wichtigen Figur Hein Dahlinger (1945-1972) und der letzten Amateur-Ära erzählt.

Nach einer heiklen Übergangsphase des Halbprofitums folgte schließlich nach 1993 der Durchbruch in die europäische Spitze – mit internationalen Stars wie Magnus Wislander oder Stefan Lövgren. Die Ausstellung lädt die Besucher ein, in die THW-Historie einzutauchen.

Sie können im Erinnerungsalbum Hein Dahlingers ebenso blättern wie im sensationellen Tagebuch von Heinz-Georg Sievers, das eindringlich den Nachkriegsalltag der Handballer beschreibt. Zudem haben Gäste die Möglichkeit, sich in historischen Zebra-Trikots fotografieren zu lassen.

Vor allem aber können sie ihre Erinnerungen teilen – und werden damit selbst zu einem Teil der Ausstellung. Das Stadtmuseum Warleberger Hof präsentiert damit eine Ausstellung mit Erlebnischarakter für Fans und Neugierige.  

Die Geburt der Zebras (1923-1945) 

Ausstellungssituation, Meistertrikot 1963
© Matthias Friedemann/KSSM

Alles begann im Sommer 1923 vor den Toren Kiels. Ein paar Jungs wollten im Turnverein Hassee-Winterbek nicht mehr nur in Reih und Glied turnen. Sie wollten spielen.

Also organisierten sie einen Ball und zwei Stangen als Torpfosten und spielten Handball – einen Sport, den die Turnbewegung 1917 erfunden hatte, um ihren Nachwuchs nicht an den Fußball zu verlieren. 

Ihre erste Heimat war der Schulhof des nahen Lehrerseminars. Als immer mehr Kinder in den Verein strömten, baute der Verein im Jahr 1928 einen Sportplatz am Wulfsbrook. Dort liefen die Handballer in gestreiften Trikots auf, weshalb sie fortan „Zebras“ genannt wurden.

Strategischer Kopf der Handballer war Trainer Fritz Westheider. Im Austausch mit Reichstrainer Otto Kaundinya entwickelte er den THW zum besten Verein in Schleswig-Holstein. 

Bereits 1940 kämpfte die Jugend des THW, nun allerdings im Trikot der Hitler-Jugend, um die Deutsche Meisterschaft. Der Krieg stürzte jedoch auch die Zebras in eine tiefe Krise, weil der Sportbetrieb nun eingestellt wurde.  

Die Ära Dahlinger (1945-1972) 

In „Kalorienspielen“ auf dem Land kämpften die Handballer nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegen ihren Hunger. Ihre überragende Figur war Hein Dahlinger (1), der zu den besten Handballern der Welt zählte.

Er prägte eine ganze Ära und zeichnete den THW Kiel auf die Landkarte des deutschen Sports. Im Feldhandball führte Dahlinger sein Team rasch zu Meisterehren:

Den Triumph von 1948 wiederholten die Zebras 1950 im Holstein-Stadion. 1952 stellte der THW mit Dahlinger, Heinz-Georg Sievers und Herbert Podolske gar drei Weltmeister. Die Eröffnung der Ostseehalle zur gleichen Zeit war Initialzündung für die Erfolge des THW auch im Hallenhandball, der immer populärer wurde.

Auch hier stürmte die Mannschaft nun an die nationale Spitze, gewann 1957, 1962 und 1963 drei Titel und brachte viele Nationalspieler hervor. 1966 beendete Dahlinger seine Karriere als Handballer. Die von ihm geprägte Ära endete im Herbst 1972, als er in einer sportlichen Krise des THW von seinem Trainerposten zurücktrat.  

Boom und Krisen (1973-1993) 

Die vielen Zuschauer des THW Kiel etablierten die Ostseehalle als Bundesligastandort. Zugleich lösten die hohen Ticketerlöse Krisen aus: Die Handballer forderten nun einen angemessenen Anteil, zumal 1979 auch Werbung auf den Trikots und auf Banden erlaubt wurde.

Nach den olympischen Amateurgesetzen durften die Spieler allerdings kein Geld mit dem Handball verdienen. Dieser Konflikt führte zu Schattenwirtschaft und zu Spielerrevolten. Erst als Heinz Jacobsen 1980 die Handballabteilung übernahm, kehrte Ruhe ein.

Nun wuchsen die Besucherzahlen derart rasant, dass die Ostseehalle stets verkauft war. Die Popularität des THW Kiel war so groß, dass Spieler und Fans erste Produkte und Logos entwarfen, um ihre Leidenschaft für die Zebras zu zeigen. 

Logischer Schlusspunkt dieser stürmischen Entwicklung hin zum professionellen Betrieb war 1992 die Gründung einer Spielbetriebs-GmbH, deren Geschäftsführer Uwe Schwenker zuvor einer der beliebtesten THW-Spieler gewesen war.  

Rekordmeister und Champions League-Sieger (1994-2023) 

Champions League Pokal 2007
© Matthias Friedemann/KSSM

Die Verpflichtung von Trainer Zvonimir „Noka“ Serdarusic im Sommer 1993 entpuppte sich als Glücksfall. Schon in seiner ersten Saison führte der Coach den THW zum Meistertitel – und entwickelte die Zebras mit Manager Uwe Schwenker mit Titeln in Serie zum Rekordmeister.

Die große Figur Magnus Wislander trug bereits seit 1990 das THW-Trikot. Ihm folgten weitere internationale Stars wie Klaus-Dieter Petersen, Staffan Olsson, Stefan Lövgren, Henning Fritz, Nikola Karabatic oder Thierry Omeyer. 

Höhepunkt der Ära Serdarusic/Schwenker war 2007 der erste Triumph in der Champions League. Befleckt wurde das makellose Image des THW durch den Skandal 2009, als Vorwürfe wegen Schiedsrichterbestechung öffentlich wurden.

Trotz der Krise etablierte sich der Club, der sich kontinuierlich professionalisierte, unter Trainer Alfred Gislason in der europäischen Spitze. Mit vier Champions League-Titeln zählt der THW heute zu den besten Handballclubs der Welt.  

Quellen / Weiterführende Informationen

(1) Foto: Langjähriger Hanballspieler und späterer Trainer des Turnverein Hassee-Winterbek (THW Kiel). https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Heinrich_Dahlinger_(Kiel_78.105).jpg#/media/Datei:Heinrich_Dahlinger_(Kiel_78.105).jpg

Beitragsbild: Dierk Berner im Europapokalspiel gegen Sabac (1986) © Herbert Willrodt/Stadtarchiv Kiel

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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