Dänemark: Das Geheimnis der Moorleichen – nun gelüftet!

Als Moorleiche bezeichnet man menschliche Überreste oder vollständige Leichenfunde, die durch Weichteilkonservierung im sauren Milieu eines Hochmoores sowie durch Sauerstoffabschluss und die Wirkung der Huminsäuren erhalten blieben, während sich die mineralischen Anteile der Knochen oft auflösen. Im folgenden Artikel geht es um zwei beeindruckende Moorleichenfunde aus Dänemark

Bei unseren Nachbarn Dänemark gibt es spannende Geschichten aus der Vergangenheit: Das Geheimnis der Moorleichen. In der Sendung, die bereits 2017 im TV lief, geht es u.a. um den Tollundmann und die Frau von Haraldskær.

Der Tollund-Mann

(auch Tollundmann; dänisch Tollundmanden) genannt ist eine Moorleiche, die am 8. Mai 1950 in einem Hochmoor im Bjældskovdal, zehn Kilometer westlich von Silkeborg, in Dänemark von Torfstechern entdeckt wurde. Sie wird heute im Museum Silkeborg ausgestellt.

Dieser gab Stoff für einen Dichter: Der irische Lyriker und Nobelpreisträger Seamus Heaney thematisiert den Tollund-Mann in zwei Gedichten – The Tollund Man (1973) und The Tollund Man in Springtime (2005).

Some day I will go to Aarhus
To see his peat-brown head,
The mild pods of his eye-lids,
His pointed skin cap

In the flat country near by
Where they dug him out,
His last gruel of winter seeds
Caked in his stomach,

Seamus Heaney

Siehe Beitrags-Foto: Der Kopf der Moorleiche des (Tollundmannes). Gefunden am 1950-05-06 nahe der Ortschaft Tollund, Silkeborg, Dänemark und C14 datiert um 375-210 vor Chr. Foto: Gemeinfrei

Die „Frau von Haraldskær“

Foto: Konservierter Körper einer eisenzeitlichen Frau, die in einem Sumpf bei Vejle, Dänemark, aufgefunden wurde. Heute ausgestellt in der Sankt-Nikolai-Kirche. Bild manipuliert für bessere Anschaulichkeit.

Die Frau von Haraldskær ist eine eisenzeitliche Moorleiche, die 1835 gefunden wurde im Moor von Haraldskær nahe dem zum Ort Skibet gehörenden Rittergut Haraldskær, ca. 6 km westlich von Vejle in Jütland, Dänemark . Lange Zeit kursierten Spekulationen, es handele sich hierbei um die sterblichen Überreste der sagenhaften norwegischen Königin Gunnhild.

Dazu der Hintergrund: Der dänische Autor und Amateurarchäologe Steen Steensen Blicher besuchte 1836 die Fundstelle als einer der ersten Besucher. Der Fund inspirierte ihn zu seiner Novelle Grovhøjen, einer Parodie über einen falschen archäologischen Fund. 1841 überdachte er jedoch seine Meinung zu dem Fund der Frau von Haraldskær und veröffentlichte sein Gedicht: Dronning Gunhild (Königin Gunnhild), ein Klagelied über die tote Königin im Moor.

1846 nutzte der dänische Dramaturg Jens Christian Hostrup, ein Freund des Archäologen Worsaae, den Streit um die Identität der Frau von Haraldskær als Stoff für seine Komödie in vier Akten En Spurv i Tranedans (auf Deutsch etwa Ein Spatz im Kranichtanz),

in der ein Ränkeschmied vom Geist Königin Gunnhilds einen magischen Ring erhält, der alle Menschen blind gegenüber seinem Treiben macht. Auf satirische Weise stützte Hostrup damit indirekt die Theorie, die Frau von Haraldskær sei Königin Gunnhild, und schürte damit ein allgemein großes Interesse für Worsaaes Hypothese.

For flere hundred Aar tilbagevar jeg en Konges Viv, Kong Eriks, han,som for sin Herskelyst, sit vilde Mod,af Norrigs Bønder kaldet blev Blodøxen.

Vor mehreren hundert Jahren war ich eines Königs Viv, König Eriks, er, der wegen seiner Tapferkeit, seines wilden Mutes, von den Bauern in Nordirland „Bloodhox“ genannt wurde.

 Jens Christian Hostrup

Die Fakten: Der junge Student und später berühmte Archäologe Jens Jacob Asmussen Worsaae, ein Pionier der archäologischen Stratigraphie, widersprach schon kurz nach der Auffindung der Deutung der Moorleiche als Königin Gunnhild.

Nach seiner Auffassung handelte es sich um einen Fund aus der vorrömischen Eisenzeit, was zu einer heftig ausgetragenen Kontroverse führte. Erst die 1977 vorgenommene Altersbestimmung mittels Radiokohlenstoffdatierung (14C-Datierung), nach der die Moorleiche aus der Zeit um 490 v. Chr. stammt, gab Worsaae endgültig Recht.

Die „Frau von Haraldskær“ wurde getötet

Aufgrund der sorgfältig ausgeführten Körperbestattung in einem Moor, zu einer Zeit, als die Brandgräbersitte in dieser Region allgemein verbreitet war, gehen die Wissenschaftler von einer Opferung oder rituellen Tötung der Frau von Haraldskær aus.

Im Jahr 2000 erfolgte eine forensische Untersuchung der Frau. Demnach bestand der Mageninhalt der Frau aus ungeschälter Hirse und Brombeeren. Am Hals fand man Abdrücke eines Seils, die den Schluss zulassen, dass die Frau erdrosselt oder erhängt wurde.

Quellen / Weiterführende Informationen

  • Klaus Ebbesen: Døden i mosen. Carlsen, Kopenhagen 1986, ISBN 978-87-562-3369-9, S. 7 (dänisch).
  • Haraldskaer Woman. In: Bodies of the Bogs. Archaeological Institute of America, engl.
  • Peter Rowley-Conwy: From Genesis to Prehistory. The Archaeological Three Age System and Its Contested Reception in Denmark, Britain, and Ireland. In: Oxford studies in the history of archaeology. Band XVII. Oxford University Press, Oxford 2007, ISBN 978-0-19-922774-7, S. 70 (englisch).

YouTube-Link zur Sendung bei ZDFInfo – sehr zu empfehlen!

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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