26. Mai 1908 – Der Leuchtturm Westerheversand nimmt den Betrieb auf

Der Leuchtturm Westerheversand steht auf einer Warft vor dem Ort Westerhever. Der Leuchtturm ist das Wahrzeichen der Halbinsel Eiderstedt in Schleswig-Holstein.

Na, wer kennt den noch? „Wie das Land, so das Jever„. Dieser aus den 1970er Jahren stammende Werbespruch (1) rührt von einem Brauereihaus. Und jedem sollte der Leuchtturm in der Werbung aufgefallen sein. Nun könnte Mensch auf die Idee kommen, der Leuchtturm stehe in Jever – doch dem ist nicht so.

Der Turm mit seinen 41,5 Metern steht nicht im ostfriesischen Jever sondern ragt in den schönsten aller Himmel – dem Eiderstedter Nordseehimmel. Da, wo die Wolken so nahm dem Watt sind. Und, noch eine Besonderheit, er steht rund 1000 Meter vor dem Deich. Auf einer Warft vor dem Ort Westerhever, Eiderstedt, im Kreis Nordfriesland.

Widmen wir uns der Geschichte des Gebäudes. Am 26. Mai 1908, zwei Jahre nach Baubeginn, nahm der Leuchtturm Westerheversand seinen Betrieb auf. Doch die Geschichte hätte auch anders geschrieben werden können. Denn eigentlich sollte der Leuchtturm auf dem Festland stehen. Aber es kam anders. Ein Landeigentümer von Westerhever wollte sein Grundstück nicht verkaufen. Also sahen sich die Planer gezwungen, den Turm ganz pragmatisch wie die Nordseemenschen nun mal sind, auf staatseigenen Grund und Boden in den Schlick zu setzen.

Es sollte ein hartes Stück Arbeit werden. Die begannen im Frühjahr 1906. 127 Pfähle wurden als Fundament fast acht Meter tief in den Boden gerammt und eine sechs Meter hohe Warft aufgeschüttet. Für den Transport der Baugeräte und des Materials legten Arbeiter vier Kilometer Feldbahngleise von einem kleinen Hafen bei Stufhusen zur Baustelle.

Nach vierzehn Monaten Bauzeit ward das Werk aus 150 t Stahl und Gusseisen am 17. Juli 1907 vollendet. Die Wasserbauinspektion Husum nahm das Bauwerk ab und zehn Monate später blinkt der Turm nun seit dem 26. Mai 1908 in 41,5 m Höhe und leuchtet fast 40 km weit. Bei gutem Wetter ist es bis Helgoland zu sehen.

Die zwei Wohnhäuser auf der Leuchtturmswarft, die den Leuchtturm so unverkennbar machen, waren für die beiden Bediensteten mit ihren Familien vorgesehen. Einem Leuchtfeueroberwärter und bis 1949 einem zweiten, als Maschinisten ausgebildeten Hilfswärter.

Sie versorgten sich und ihre Familien mit einer kleinen Landwirtschaft, anfangs ohne Elektrizität und öffentliche Trinkwasserversorgung. Grund für die Doppelbesetzung war die Erfordernis eines Nachtdienstes. Die Kohlebrennstäbe der Bogenlampe mussten nach neun Stunden ausgewechselt werden, wobei das Leuchtfeuer für eine halbe Minute erlosch.

Um diesen Wechsel jederzeit sicherzustellen, wurde für Vertretungen jeweils noch eine dritte Person als Hilfsleuchtfeuerwärter ernannt, darunter auch die Ehefrauen der Bediensteten.

1979 wurde der Betrieb des Leuchtturms nach einer Teilautomatisierung im Jahr 1975 vollständig automatisiert. Für die Leuchtturmwärter hatten nun ausgedient. Seither wird der Turm vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Tönning aus gesteuert.

Nach der Ausdienung – Besuchsmöglichkeiten für Ausflügler und Touris

Der Turm kann seit 2001 besichtigt werden Wer ihn besuchen möchte, muss zunächst rund 2,5 Kilometer zu Fuß durch die Salzwiesen vor dem Deich laufen. Von Ostern bis Ende Oktober kann der Turm montags, mittwochs und sonnabends im Rahmen einer Führung besichtigt werden (Anmeldung erforderlich unter Tel. 04865/1206). Allerdings dürfen Kinder erst ab acht Jahren die 157 schmalen Stufen hinaufsteigen.

Anfahrtswege

Es gibt mehrere Möglichkeiten der Anreise. Mit dem Zug / (Ruf-Bus) ab Heide/Holst. bzw. Husum (bitte hier bei der DB genau informieren).

Wer mit dem PKW anreist, muss das Ziel, den Parkplatz am Tourismusverein Westerhever-Poppenbüll, ansteuern. Dann geht es zu Fuß oder mit dem Fahrrad weiter. Der Fußweg vom Parkplatz bis zum Leuchtturm dauert etwa 45 Minuten. Schneller geht es mit dem Fahrrad. Hier eine detaillierte Anfahrtsbeschreibung.

Der Rückweg VOM Turm aus ist im Sommer auch über den instand gesetzten historischen Stockenstieg (2) durch die Salzwiesen möglich (Achtung: ausschließlich für Fußgänger). Der Stockenstieg – auch Stockensteig – bezeichnet einen historischen Weg im Westen Eiderstedts.

Der 45 Zentimeter breite, mit Ziegeln geklinkerte Weg führt vom Leuchtturm Westerheversand über insgesamt drei Brücken durch das Salzwiesen-Vorland zum eingedeichten Festland und ist insgesamt rund einen Kilometer lang. Aber Achtung: Für die Benutzung des historischen Stockenstiegs in Westerhever gibt es ein paar besondere Regeln, bitte hier ausführlich informieren.

Fazit: Für Touristen, Ausflügler und Natur- und Landschaftsfreunde ist der Leuchtturm Westerheversand ein Genuss und der Stockenstieg ein Eldorado für alle Sinne. Also, ein Besuch lohnt sich. Auf geht es!

Quellen / Weiterführende Informationen

(1) Auch auf den Konservendosen der „Norda“-Fischkonserven ist der Leuchtturm abgebildet.

Ferner auf den Kino-Plakaten zum Film Otto – Der Außerfriesische ist der Leuchtturm zu sehen, obwohl er im Film gar nicht vorkommt und es sich bei dem im Film zu sehenden Leuchtturm um den Pilsumer Leuchtturm handelt.

(2) Das Wort Stockensteig leitet sich ab von dem friesischen Wort Stock, was so viel bedeutet wie „Brücke über Gräben“ und „Stieg“, die Bezeichnung für einen kleinen Weg.

Eiderstedt. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum St. Peter-Ording, Garding, Tönning und Friedrichstadt. Böhlau Verlag, Köln Weimar Berlin 2013.

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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