Der Nordermarkt in Flensburg und die „Sage vom wachsenden Pfahl“

Über das Land zwischen Nord- und Ostsee ranken sich zahlreiche Sagen und Legenden. Besonders die Halligen, Inseln, Seeleute -und nicht zuletzt das Meer- bieten Stoff für zahlreiche Geschichten, die bis heute jedes Kind in Schleswig-Holstein kennt. Besonders grausam ist die Sage vom wachsenden Pfahl, sie handelt in Flensburg

Eine Hommage an Mette Osthave. Eine alte Sage berichtet davon, dass einst eine junge Magd namens Mette Osthave durch den Bürgermeister Peter Pomerering des Diebstahls angeklagt wurde und vom Rat auf Grund seiner Einflussnahme zum Tode verurteilt wurde, obwohl es sich um ein geringes Vergehen gehandelt habe, wenn sie nicht sogar ganz und gar unschuldig gewesen sei.

Als das zu unrecht verurteilte Mädchen auf den Nordermarkt, der als Richtplatz dienen sollte, geführt worden sei, beteuerte sie laut, dass sie unschuldig sei, und bat Gott, den ungerechten Bürgermeister zu richten. Danach begann die Tortur.

Nordermarkt Flensburg mit Neptunbrunnen, Schleswig-Holstein, Deutschland

Sie wurde unter dem aufgestellten Galgen lebendig begraben und lebendig gepfählt (1). Der Pfahl wurde ihr direkt durchs Herz getrieben und letztendlich wurde sie im Stadtgraben verscharrt. Über diese Grausamkeit sei ganz Flensburg in Schrecken geraten.

Doch der Pfahl auf dem Nordermarkt, mit dem das unschuldige Mädchen gepfählt worden war, ließ sich nicht dauerhaft beseitigen, denn er wuchs immer wieder erneut aus der Erde heraus.

Dennoch, so behauptet die alte Sage, lasse der Rat den Pfahl jede Nacht aufs Neue absägen und abschlagen, selbst wenn er immer wieder nachwächst. Doch Peter Pomerering habe nach seinem Tod im Grabe keine Ruhe gefunden.

Er würde im Stadtgraben auf Grund seiner unrechten Taten als Gespenst, in der Gestalt eines großen, schwarzen Pudels, umherlaufen und würde nach dem Grab des Mädchens suchen. So lange die Sonne scheint, rufen die Knaben keck:

Peter Pommerening, 
Plaag di de Röring! (der Schlag.)

Aber wenn die Dämmerung anbricht und ein schwarzer Hund sich zeigt, fliehen sie furchtsam. Durch Herrn Pastor Dr. Jensen. (Quelle)

Hintergrund zur Sage

Den Bürgermeister Peter Pomerering (3) hat es tatsächlich gegeben. Auch der Prozess gegen Mette Osthave wurde geführt. Die Prozessakten sind erhalten geblieben. (2) Im Mittelalter wurden nachweislich tatsächlich Verurteilte lebendig begraben und anschließend gepfählt.

Das Pfählen durchs Herz sollte wohl die Rückkehr der Hingerichteten als Wiedergänger, Nachzehrer oder Vampire verhindern. An Hinrichtungsstätten konnten jedoch Archäologen bisher keine Überreste von Menschen finden, die in Mitteleuropa im Mittelalter nachweislich gepfählt wurden.

Es wird vermutet, dass die Skelette entweder schon zu stark zersetzt waren, so dass das Pfählen nicht mehr nachweisbar war oder ihre Gebeine an einem anderen Ort zu suchen sind.

An Mette Osthave erinnert das Café Mette auf der Nordseite des Nordermarktes. Bei der Eingangstür des Traditionslokals hängt in einem Rahmen zur Erinnerung an das geschehene Unrecht das original Urteil zur Hinrichtung von Mette Osthave aus.

Eine Hommage an Mette Osthave

Bezüglich der Namensbildung Cafe Mette heißt es auf der gleichnamigen Facebook-Seite: „Das Cafe Mette soll uns alle nicht vergessen lassen, das Frauen oftmals unter der Tyrannei und Einflussnahme von anderen Menschen, in Ihrer Selbstbestimmung beeinflusst wurden und werden, bis hin zum Tod. Der Name Mette ist eine Hommage an Mette Osthave und steht für uns stellvertretend, für viele Frauen in dieser Welt.“ (Quelle)

Quellen / Weiterführende Informationen

(1)  Focus Aufspießen oder Pfahl durch die Brust: Grausige Todesstrafe: So brutal richteten unsere Vorfahren

(2) Vgl. Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (Hrsg.): Flensburg in Geschichte und Gegenwart. Flensburg 1972, Seite 286

Vgl. Gundula Hubrich-Messow: Sagen und Märchen aus Flensburg, Husum 1992, Seite 14 bis 16

(3 ) Dessen Name wird in neueren Publikationen auch Peter Pommerening geschrieben. Im Kontext der alten Sage wird er aber Peter Pomerering genannt.

Beitragsbild: Pfählung um 1593

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

Gravatar
WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: