Kunsthalle zu Kiel: Ausstellung Lovis Corinth 26.11.22 – 23.04.23

Lovis Corinth (1858 – 1925) war ein deutscher Maler, Zeichner und Grafiker. Er zählt neben Max Liebermann, Ernst Oppler und Max Slevogt zu den wichtigsten und einflussreichsten Vertretern des deutschen Impressionismus. Seine Spätwerke sind auch vom Expressionismus inspiriert. Die Kunsthalle Kiel zeigt eine Auswahl von Lovis Corinths grafischen Blättern aus eigenem Bestand.

Der am 21. Juli 1858 als Franz Heinrich Louis Corinth (kurz Lovis Corinth) in Tapiau (damals Ostpreußen, heute Oblast Kaliningrad, Russland), geborene Künstler beschäftigt sich in seiner Grafik, ebenso wie in seiner Malerei, mit klassischen Themen wie Landschaften, Porträts, mythologischen und biblischen Motiven. Er schafft auch zahlreiche Grafikfolgen nach literarischen Werken. Eine besondere Bedeutung in Corinths Werk haben die Darstellungen seiner Familie. Wie nur wenige Künstler- / innen schildert er ausführlich sein Ehe- und Familienleben und widmet ihm sogar eine eigene Grafikserie.

Das berühmte Skizzenbuch aus der Zeit in Paris (1884-1887) zeigt seine Anfänge als akademisch geschulter Künstler des späten 19. Jahrhunderts. Nach und nach wendet er sich impressionistischen Stilmitteln zu, mit denen er den flüchtigen Eindruck selbst festhält.

In der Grafik ist Corinths weitere Entwicklung besonders gut nachzuvollziehen. Er schätzt die Technik die Kaltnadelradierung, die seiner kraftvollen, manchmal brachialen Arbeitsweise entgegenkommt.

Es entstehen Werke in einer expressiven, damals völlig neuartigen Arbeitsweise. Die Ausstellung (vom 26.11.22 bis 23.04.23) zeigt entlang meisterhafter Grafiken aus dieser Phase, warum Corinth als Brückenfigur zwischen Tradition und Moderne verstanden wird.

Weitere Informationen, auch Termine von öffentlichen Führungen, siehe auf der Website der Kunsthalle zu Kiel .

Corinths Werke zur Zeit des Nationalsozialismus

Obwohl Corinth zu Lebzeiten ein bedeutender und angesehener Vertreter deutscher Kunst war und diese auch in sehr patriotischer Weise darstellte und förderte, wurden viele seiner Werke zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland sehr kritisch gesehen.

Während das Frühwerk durchaus den Idealvorstellungen der Nationalsozialisten entsprach, wurden die späteren, teilweise sehr expressionistischen Werke als „entartet“ betrachtet (siehe Foto unten).

Diese Wandlung im Werk des Künstlers interpretierte man als Folge seines Schlaganfalls 1911; eine weitere Steigerung nach 1918 wurde wiederum mit einem Schlaganfall erklärt, den es in Wahrheit aber nicht gegeben hatte. Alfred Rosenberg (1) gab im Mythus die Richtung vor:

„Eine gewisse Robustheit zeigte L. C., doch zerging auch dieser Schlächtermeister des Pinsels im lehmig-leichenfarbigen Bastardtum des syrisch (2) gewordenen Berlins.“

Quelle: Gemälde von Lovis Corinth kehrt 85 Jahre nach Beschlagnahme durch die Nationalsozialisten zurück, Pressemitteilung vom 24. Mai 2022 auf kunstpalast.de

Durch die von der „Nationalsozialistischen Gesellschaft für deutsche Kultur“ angeordnete „Reinigung“ deutscher Kunstwerke wurden 1937 insgesamt 295 der Bilder von Corinth beschlagnahmt, darunter ein großer Teil der Sammlung der Nationalgalerie sowie der Hamburger Kunsthalle.

Einige der Werke wurden im selben Jahr in der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München gezeigt. Die meisten der Bilder wurden anschließend ins Ausland, vor allem in die Schweiz, verkauft. So auch das Blumenstillleben mit Flieder und Anemone (siehe Foto weiter oben), eines der letzten Werke Corinths.

Das Werk wurde, nachdem es in Berlin und Düsseldorf ausgestellt worden war, vom damaligen Direktor Karl Koetschau für die Städtischen Kunstsammlung Düsseldorf erworben. 2022 konnte der Kunstpalast das Stillleben zurück erwerben.

Foto (gemeinfrei): Stillleben mit Chrysanthemen und Amaryllis, 1922, Belvedere, Wien

Weiterführende Informationen:

(1) Alfred Ernst Rosenberg (1892 – 1946) war zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus Politiker und führender Ideologe der NSDAP. Als Student war er 1917 Zeuge der Revolution in Moskau. Unter dem Einfluss russischer Emigranten interpretierte er diese als Folge einer jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung. Mit dieser Vorstellung prägte er später maßgeblich die Ideologie der NSDAP.

Ab 1920 trug Rosenberg mit zahlreichen rassenideologischen Schriften erheblich zur Verschärfung des Antisemitismus in Deutschland bei. Im Zweiten Weltkrieg unternahm er mit seinem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) Beutezüge in ganz Europa, insbesondere zum Raub von Kulturgütern.

Als Reichsminister für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) verfolgte er im Rahmen seiner Ostpolitik das Projekt der Germanisierung der besetzten Ostgebiete bei gleichzeitiger systematischer Vernichtung der Juden.

Spuren nach Schleswig-Holstein

Während der Schlacht um Berlin hielt sich Rosenberg anfänglich noch in Berlin auf. Unmittelbar nach dem letzten Geburtstag Hitlers, am 20. April 1945, begann die Evakuierung der Reichsregierung, Reichsministerien und des Sicherheitsapparats.

Die Reichskanzlei informierte Rosenberg telefonisch, dass sich alle Minister in Eutin (Kreis Ostholstein) sammeln sollten, und gab ihm den bevorstehenden Abfahrtstermin bekannt. Mit Frau und Kind ließ sich Alfred Rosenberg nach Eutin bringen, um anschließend nach Flensburg-Mürwik weiterzufahren, wo sich Anfang Mai im Sonderbereich Mürwik die letzte Reichsregierung unter Karl Dönitz niederließ.

Dönitz informierte Rosenberg am 6. Mai schriftlich: „In Berücksichtigung der gegenwärtigen Lage habe ich mich entschlossen, auf Ihre weitere Mitarbeit als Reichsminister für die besetzten Ostgebiete und Mitglied der Reichsregierung zu verzichten. Ich danke Ihnen für die Dienste, die Sie dem Reich geleistet haben.“ Außerdem empfahl Dönitz Rosenberg, sich den Britischen Streitkräften zu stellen.

Nach der Bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 7./8. Mai 1945 bestand der Sonderbereich Mürwik noch über zwei Wochen weiter. Die Alliierten nahmen Alfred Rosenberg am 18. Mai 1945 im Marinelazarett Flensburg-Mürwik gefangen. Dort hielt er sich auf Grund eines schweren Blutergusses im Knöchel seines linken Beines au.

Einen Tag nach seiner Verhaftung in Mürwik erfolgte die Überführung nach Kiel. Von dort ging es mit dem Flugzeug weiter nach Bad Mondorf in Luxemburg. Mit anderen Hauptkriegsverbrechern internieren in die Alliierten im Palace-Hotel, Bad Mondorf .

August 1945 folgte Rosenbergs Überführung nach Nürnberg zum Hauptkriegsverbrecherprozess. Dieser begann am 21. November 1945. Die Anklage gegen Rosenberg lautete Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Planung, Eröffnung und Durchführung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 

Rosenberg gestand niemals eine Schuld ein, sondern belastete vielmehr wie die meisten anderen Mitangeklagten. Am 1. Oktober 1946 fällt das Gericht das Urteil: schuldig. Rosenberg wird zum Tode verurteilt. 

Die Hinrichtung wird  in den frühen Morgenstunden des 16. Oktober 1946 im Nürnberger Justizgefängnis vollstreckt. Sein Leichnam wird einen Tag später im Städtischen Krematorium auf dem Münchner Ostfriedhof verbrannt und die Asche in den Wenzbach, einen Zufluss der Isar, gestreut (Quelle).

(2)  bei Rosenberg immer Umschreibung für „jüdisch“.

Beitragsbild: Kunsthalle zu Kiel

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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