Hoch aus der Nordsee Fluten hebt sich die Insel Helgoland, deren Name noch im vorigen Jahrhundert gar nicht anders als Heilgeland geschrieben wurde, insula sancta, weil sie vor grauen Zeiten ein Götterheiligtum gewesen. Schon damals mochte der Reimspruch seine Geltung haben:
Grün ist das Land,
Rot ist der Rand,
Weiß ist der Sand,
Das sind die Zeichen von Helgoland.
Als das Heidentum verschwunden war, hatten auf dieser Insel sieben ausgedehnte Kirchspiele Raum. Noch im Jahre 1530 ernährte die Insel, nachdem die Meeresflut längst des Landes größten Teil verschlungen, über zweitausend Bewohner fast ausschließlich durch den Heringsfang.
Da kam es einigen Übermütigen bei, die nur geringen Fang getan, einen oder einige Heringe mit Ruten zu peitschen, da schwand auch dieser Segen hinweg, die Insel wurde immer kleiner und immer ärmer, und was vordem Tausende genährt, nährte nun nur noch Hunderte.
Die Sage geht, daß das Heilgeland von alters her kein giftiges Tier auf sich dulde. Wegen der Heringe, sagen andere, sei es also gewesen, daß die Helgoländer oft nicht Tonnen und Salz genug für den reichen Segen gehabt,
die Heringe seien sogar den Strand hinaufgelaufen, da habe eine alte Helgoländerin, darüber ärgerlich, einmal einen Besen genommen und sie hinuntergefegt, von dieser Zeit an seien sie ausgeblieben.
Heiligland, Halunder, Helgeland, Helgoland – die schwierige Sache mit dem Namen
Die Insel trug vor dem 19. Jahrhundert keinen eindeutigen Namen. Oft wurde sie mit Varianten des hochdeutschen Heiligland bezeichnet, einmal sogar als Insel der Heiligen Jungfrau Ursula. Die kritische Diskussion des Namens im 19. Jahrhundert fasste Theodor Siebs 1909 zusammen mit der These, dass, ausgehend von der friesischen Selbstbezeichnung der Helgoländer als Halunder, der Inselname hohes Land bedeutete (ähnlich Hallig).
In der Diskussion im Anschluss an Jürgen Spanuth wurde von Wolfgang Laur wieder ein ursprünglicher Name Heiligland angenommen. Die seit dem 16. Jahrhundert aufgetretene Variante Helgoland sei durch Gelehrte entstanden, die eine nordfriesische Form Helgeland latinisierten, da sie ihn als Hinweis auf den Sagenhelden Helgi lasen.
Die Diskussion wird erschwert durch die Uneinigkeit darüber, mit welchen der angeführten Namen wirklich die Insel Helgoland gemeint sei, und durch den Wunsch, die Insel auch heute noch als heilig erscheinen zu lassen.
Quellen / Literatur:
Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853
Theodor Siebs: Helgoland und seine Sprache. Cuxhaven 1909, S. 20 f.
Wolfgang Laur: Fositesland und die Bernsteininsel. In: ZSHG, Bd. 7475 (1951), S. 425.
Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Bd. 14, Artikel Helgoland. Berlin 1999.
Heike Grahn-Hoek: Online Heiliges Land – Helgoland und seine früheren Namen. In: Uwe Ludwig, Thomas Schilp (Hrsg.): Nomen et fraternitas. Festschrift für Dieter Geuenich zum 65. Geburtstag (Ergänzungsbände zum Reallexikon des Germanischen Altertums). De Gruyter, Berlin 2008, S. 480.
Heike Grahn-Hoek: Roter Flint und Heiliges Land. Helgoland zwischen Vorgeschichte und Mittelalter. Neumünster 2009, S. 70.
Beitragsbild: Zeitgenössische Darstellung des Blickes von der Nordspitze, 1826. F. von der Decken (?) – Untersuchungen über die Insel Helgoland oder Heiligeland und ihre Bewohner. Kupferstich von 1826: Blick vom Gipfel des Felsen, der zur Hamilton‘ s Landspitze (Point)führt.