Bundesregierung: „Beseitigung aller Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee nicht umsetzbar“

In deutscher Nord- und Ostsee lagern Altlasten von ca. 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe, die im Zweiten Weltkrieg durch Militäroperationen oder danach durch Verklappung versenkt wurden. „Nord- und Ostsee sind große Unterwasserschrottplätze“. Der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler hat zu dem Thema eine Stellungnahme abgegeben

Der SSW-Politiker Stefan Seidler ist Herbst 2021 als Listenkandidat seiner Partei in dem 20. Deutschen Bundestag als Abgeordneter eingezogen. Insbesondere vertritt Seidler die Interessen der Bürgerinnen und Bürger von Schleswig-Holstein. Aktuell geht er ein einem schwerwiegenden Thema buchstäblich auf den Grund: Die Belastung von Nordsee und Ostsee mit Altmunition aus dem Zweiten Weltkrieg, „ein echtes Problem für Mensch und Umwelt„.

Zusammen mit der Fraktion Die Linke hatte Seidler zu dem wichtigen Thema eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Seidler ließ in einer Pressemitteilung vom 29.08.2022 verlautbaren, dass „die Ostsee bei der Bergung und Beseitigung von Munitionsaltlasten im Meer durch die Bundesregierung gegenüber der Nordsee priorisiert werden soll„. Das sei „für den Wahlkreis Flensburg erst einmal eine gute Nachricht“. Hierzu sei ein Sofortprogramm geplant über die Dauer von vier Jahren.

Das Thema ist aber für alle Küstenanrainer ein großes Problem, weswegen ich gemeinsam mit der Fraktion Die Linke eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung dazu gestellt habe. In der Antwort führt die Regierung auf, dass es seit 2013 mehr als 26.900 Fälle gegeben hat, in denen an Nord- und Ostsee Kampfmittel gefunden wurden. Seit 2010 sind der Bundesregierung 256 durch Altmunition verletzte Personen und sogar vier Todesopfer bekannt. Da keine Meldepflicht besteht, dürfte die Dunkelziffer höher liegen“.

Die Bundesregierung (ist) … Rechtsnachfolgerin sowohl des Deutschen Kaiserreiches als auch des NS-Staates und damit der Verursacher zweier Weltkriege“

Seidler: „Wir haben es aufgrund der Freisetzung gefährlicher Chemikalien mit einem echten Problem für Mensch und Umwelt zu tun! Dass die Bundesregierung, die ja immerhin Rechtsnachfolgerin sowohl des Deutschen Kaiserreiches als auch des NS-Staates und damit der Verursacher zweier Weltkriege ist, in ihrer Antwort an mich erklärt, dass sie keine allgemeine rechtliche oder finanzielle Verpflichtung des Bundes und der Länder zum Tätigwerden sieht, hat mich dann schon überrascht und frustriert. Man werde nur aus Vorsorgeprinzip tätig, heißt es aus Berlin„.

Zwar wolle die Bundesregierung in den kommenden Jahren mehr als 50 Millionen Euro in die Planung, Sichtung und Beseitigung von Munitionsaltlasten investieren, doch hält sie eine flächenhafte Beräumung und Vernichtung aller versenkter Munition für nicht umsetzbar – eine aus Stefan Seidlers Sicht unbefriedigende Perspektive.

Er wird zitiert: „Gerade vor diesem Hintergrund und da die Bundesregierung die Gesamtkosten der Bereinigung noch nicht abschätzen kann, wäre es sowohl für mich als auch alle anderen Menschen, welche an der Küste leben, eine Erleichterung, wenn die Bundesregierung die Finanzmittel für dieses wichtige Vorhaben großzügiger ansetzen würde. Das werde ich im Rahmen der Haushaltsverhandlungen in Berlin anmahnen“.

Bis Ende 2022 soll im Rahmen des Sofortprogrammes eine Vergabe von Planungsleistungen für baulich-investive und begleitende Maßnahmen erfolgen. Ab 2023 könne der Baubeginn zur Erstellung einer schwimmenden Plattform und technischer Ausstattung zur Bergung/Vernichtung stattfinden.

Bis Ende 2024 sollte die Fertigstellung der baulichen Aktivität geschehen. Erste Pilotbergungen, Erprobung und Optimierung der Verfahren seien nach derzeitiger Schätzung frühestens Ende 2024/Anfang 2025 zu erwarten. Das Programm werde 2026 abgeschlossen.

1,6 Millionen Tonnen Weltkriegsmunition – eine große Gefahr für die Umwelt

Auf dem Grund von Nord- und Ostsee liegen schätzungsweise 1,6 Millionen Tonnen Weltkriegsmunition, die zunehmend verrotten. Minen, Bomben und Sprengkörper, die als Überreste des zweiten Weltkrieges auf dem Meeresboden von Nord- und Ostsee liegen. Von dort geht eine große Gefahr für die Umwelt aus, denn sie können explodieren oder ihre Giftstoffe gelangen ins Meer.

Laut Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) müssen die Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee dringend geborgen werden. „Deshalb ist es gut, dass der Bund die Mittel im Haushalt deutlich aufstocken möchte. Hierauf haben wir lange hingewirkt und sind entsprechend erleichtert, dass der Bund nun die Finanzierungsverantwortung übernimmt und ein Sofortprogramm initiiert„. Quelle: NDR

Bereits 2021 gab es zu dem Thema eine Anhörung im Deutschen Bundestag, lesen sie hierzu: „Sachverständige fordern Munitions­bergung in Nord- und Ostsee„

Beitragsfoto (c) Willi Schewski: Ostsee bei Flensburg. Oben trügerische Idylle, unten gefährliche Altlasten mit Lebensgefahr

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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