Böse Bauten – Flensburg: Trollturm Süd

Dreizehn Zombeck-Türme sind noch in Deutschland erhalten, zwei davon in der Flensburger Nordstadt. Der südliche beim Trollseeweg wurde als Diskothek genutzt. Doch das ist nicht die ganze Geschichte, über den Straßennamen „Trollseeweg“ ranken sich Sagen und Legenden.

Der Trollturm in der Steinstraße beim *Trollseeweg ist genau genommen ein Zombeck-Turm (offiziell: Luftschutzturm der Bauart Zombeck, umgangssprachlich auch „Rundbunker“).  Der Name beruht auf einen deutschen Hochbunkertyp aus dem Zweiten Weltkrieg. 1937 ließ der Konstrukteur Paul Zombeck den nach ihm benannten Rundturmtyp patentieren. Doch das ist nicht die ganze Geschichte, über den Straßennamen „Trollseeweg“ rankt sich eine Legende (mehr dazu weiter unten).

Dreizehn Zombeck-Türme sind noch in Deutschland erhalten, zwei davon in der Flensburger Nordstadt. Der südliche (im Bild) wurde, bis zu einem Brand, 2012, als Diskothek genutzt. 

Der erste, nördlich gelegene Zombeck-Turm, auch Holländerhof Turm genannt, wird heute als Kulturveranstaltungsort genutzt. Beide Türme sind baugleich.

Der Trollturm Süd wurde 1942 errichtet, in der Zeit des Nationalsozialismus und mitten im Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Er diente bei Bombenangriffen vor allem den vielen Zwangs- und Fremdarbeitern, die in den umliegenden Industriebetrieben arbeiteten. 

Der Turm ist ca. 18 Meter hoch und hat einen Außendurchmesser von 12 Meter. Seine Wände bestehen aus 2 Meter massiven Stahlbeton. Das besondere an diesem Turm ist die Art der Wegführung. 

Über einen Eingang wird man über ein Spiraltreppenhaus bis nach oben geführt. Parallel von diesem führt ein zweites Spiraltreppenhaus wieder nach unten. 

So gab es im Notfall nur eine Laufrichtung für die Massen an Personen die in den Turm flüchteten. Im oberen Teil waren in den meisten Zombecktürmen die Toiletten und Waschmöglichkeiten diese hier aber nicht mehr vorhanden sind.  Im Notfall konnten bis zu 500 Personen im Bunkerturm Schutz finden. 

Nach dem Krieg wurde der Turm als Lagerhalle und später, wie erwähnt, als „Russen“- Disco genutzt. Bei einem Feuer 2012 wurde das komplette Erdgeschoss samt Disco und Vorbau vollständig zerstört. Zwei Menschen wurden dabei schwer verletzt (Quelle).

*Über den Straßennamen „Trollseeweg“ gibt es eine lange Geschichte, über die nun hier berichtet wird.

Dort befand sich der Trollsee. Der See war schon auf einer frühen Stadtkarte aus dem Jahr 1768 zu finden. (1) Doch er verschwand in den 1940er Jahren schließlich. Die genauen Gründe sind nicht bekannt. Der See soll „einen langsamen, qualvollen Tod“ erlitten haben. (2)

Möglicherweise versandete er und wurde schließlich zugeschüttet (3). Der Name des Sees soll mit dem Wesen des Trolls (4) in Verbindung stehen. Im Flensburger Raum existiert im ein altes Märchen, in dem ein Bergtroll erwähnt wird. Es hat folgenden Inhalt. —

Eine Witwe hatte zwei Töchter, eine eigene Tochter, namens Karen und eine sehr hübsche Stieftochter. Eines Tages schickte sie die Stieftochter zum Abend hin zum Beerenpflücken, derweil die eigene Tochter Karen daheimbleiben durfte. Als die dunkle Nacht begann, nahm ein Bergtroll das hübsche Stieftöchterchen mit in den Berg, wo er mit seiner Katze wohnte und bot ihr an, mit ihm oder der Katze zu essen.

Sie willigte ein und aß mit ihm. Danach fragte er sie, ob sie in seinem Bett mit ihm oder stattdessen bei der Katze schlafen wolle. Sie nahm sein Angebot an und schlief mit ihm.

Am Morgen überschüttete er sie mit Gold. Sie nahm es gerne an und ging nach Hause, wo sie vom Hofhahn mit einem lauten: „Kikeriki, da kommt unsere Goldmarie“ begrüßt wurde.

Als Karen von der Stiefschwester erfuhr, dass sie beim Beerenpflücken zu viel Gold gelangt war, ging auch sie Beeren pflücken, um genauso schön zu werden. Der Bergtroll nahm auch sie des Nachts mit in seine Höhle und fragte sie dort, ob sie mit der Katze oder mit ihm essen wolle.

Sie lehnte ihn gänzlich ab und auch schlafen wollte sie nicht mit ihm. Am Morgen öffnete der Troll die Eisentür seiner Höhle und schickte sie ohne ein Stück Gold nach Hause.

Wie Karen nach Hause kam ist nicht weiter genau überliefert, aber der Hahn dürfte wohl etwas gerufen haben wie: „Kikeriki, kikeriki, unsere verschmuddelte Jungfrau ist wieder hie.“ —

Autor unbekannt

Das Märchen besitzt also eine offensichtliche Ähnlichkeit zum Märchen Frau Holle, (5) (6) und noch stärkere Ähnlichkeit zum weniger bekannten Märchen Die Goldmaria und die Pechmaria. Das Trollmotiv ist also offenbar schon länger in Flensburg verankert.

Es gab, um auf die Zombeck-Türme in Flensburg zurückzukommen, sogar einen dritten Hochbunker namens „Neue Werft“. Der stand unweit, nordöstlich der beiden Türme, er wurde aber in der Nachkriegszeit beseitigt.

Soweit die Geschichte von den bösen Bauten im Trollseeweg und die Geschichte um den Straßennamen. Weitere böse Bauten – Geschichten werden folgen.

Quellen:

1 Flensburg Atlas, Flensburg 1978, Karte Nr. 10; Auf der etwas späteren Karte von 1779 ist der See ebenfalls zu erkennen: Jürgensen-Karte von Flensburg und Umgebung 1779

2 Dieter Pust: Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Trollseeweg

3  Flensburger Tageblatt: Stadtgeschichte: Einmalig: Flensburger Straßennamen (Link)

4 Ein Troll ist ein unberechenbares Fabelwesen der nordischen Mythologie, das die Naturkräfte verkörpert. Besonders in Schweden und Dänemark vermischte sich in den Märchen die Vorstellung von Zwergen und anderen Wald-, Wasser- oder Berggeistern, teilweise auch mit der von menschenfreundlichen Feen und Elfen. So wurde „Troll“ zu einem allgemeinen Ausdruck für jede Art von mehr oder weniger menschengestaltigen Fabelwesen, ähnlich wie die fairies der anglo-keltischen Tradition.

Übrigens nicht zu verwechseln mit Internet-Trollen, also Person, die im Internet andere Personen oder Gruppen absichtlich provozieren.

5  Gundula Hubrich-Messow: Sagen und Märchen aus Flensburg, Husum 1992, Seite 80

6. Vgl. auch: Frau Holle, 1857 (7. Auflage bzw. Ausgabe letzter Hand) sowie: Die Anmerkungen der Brüder Grimm zu dem Märchen: Frau Holle

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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