Kunst & Kritik: Käte Lassen – und die Sache mit dem Adolf Hitler Porträt

„Es fällt schwer, die Künstler in unbeteiligte und beteiligte, also politisch belastete Künstler zu trennen. Nicht alle gezeigten Künstler waren überzeugte Nationalsozialisten, aber zwangsläufig gab es Profiteure, Mitläufer und Parteigänger, die sich in der NS-Diktatur und auch danach ihrer moralischen Verantwortung entzogen haben.“

Sie ist eine Tochter der Stadt Flensburg. Und sie gilt als als die bedeutendste schleswig-holsteinische Malerin des 20. Jahrhunderts. Ihr Name: Berta Katharina (Käte) Lassen (* 7. Februar 1880 in Flensburg; † 22. Dezember 1956 ebenda).  Nach ihr ist der gleichnamige Hof (Holm 51) in der Flensburger Innenstadt benannt sowie die Gemeinschaftsschule in der Flensburger Mommsenstraße. Aus Lassens Hand entstanden in der Zeit des Nationalsozialismus mehrere Auftragsarbeiten. Das wirft Fragen auf.

Lassen malte 1935 vom Gestapochef beauftragt und unter der Leitung von Polizeipräsident Konrad Fulda (1878–1957) zwei große, stilisierte Schäferhunde, ein Sinnbild höchster Wachsamkeit. Fulda, der mit Lassen gut bekannt war, musste vorzeitig aus dem Amt scheiden, als sich 1937 die Personalpolitik des Regimes verschärfte. 

Beim Kunstverein Schleswig heißt es dazu:“Das Bild hing noch bis zum Frühsommer 2016 in der Flensburger Polizeidirektion, und so hatte Jürgen Wind es während seiner Dienstzeit täglich vor Augen, wie er … später offenbarte„.

Ferner war es während der nationalsozialistischen Diktatur auf verschiedenen Ausstellungen zu sehen. Eine weitere Auftragsarbeit für die Nazis entstand 1940/41. Lassen malte ein Bild Adolf Hitlers für die Flensburger Credit-Bank, die sich beim Thingplatz der Stadt befand.

Es wurde 1945 von der britischen Besatzung aus der Schalterhalle der Bank in Flensburg entfernt und landete unzerstört im Magazin des Museumsbergs Flensburg. Zitat aus einem Bericht zur Ausstellung:„(un)beteiligt – Kunst im Dritten Reich: Aus der Sammlung des Museumsberg Flensburg“: 

Es fällt schwer, die Künstler in unbeteiligte und beteiligte, also politisch belastete Künstler zu trennen. Nicht alle gezeigten Künstler waren überzeugte Nationalsozialisten, aber zwangsläufig gab es Profiteure, Mitläufer und Parteigänger, die sich in der NS-Diktatur und auch danach ihrer moralischen Verantwortung entzogen haben.

Quelle & weitere Infos dazu: Exkursion zum Museumsberg Flensburg. Besuch der Ausstellung:
„(un)beteiligt – Kunst im Dritten Reich: Aus der Sammlung des Museumsberg Flensburg“

„Nordische Kunst?“

Christina Mahn, geb. 1972, Studium der Kunstgeschichte, hat sich ausführlich mit dem Werk von Lassen beschäftigt. Ihr Käte Lassen – Thema findest sich u.a. in ihrer Magisterarbeit (FU Berlin 2003) „Käte Lassen – die Münchner Jahre 1898 – 1904“ und Dissertation (2006 Universität Kiel). „Käte Lassen – Leben und Werk“.

In der Publikation „Grenzfriedenshefte“ (Heft 2, 2007) veröffentlichte Mahn diesen Artikel „Käte Lassen und der Norden. Eine Künstlerin zwischen Dänemark und Deutschland“. Unter dem Abschnitt „Nordische Kunst?“ (S. 104 – 106) lesen wir:

„Auch während des Nationalsozialismus behielt Käte Lassen ihre persönliche Auffassung nordischer Kunst bei. Für sie war diese mit ihrem lokalen Standort Stenbjerg verbunden. Spätestens mit dem Gemälde „Kuhmagd“ von 1929 hatte sie sich stilistisch der Neuen Sachlichkeit angenähert.

Nach 1933 erfolgte auch in ihrem Werdegang eine Zäsur. Bis 1934 waren nicht nur fast alle geschäftlichen, sondern auch viele persönliche Kontakte nach Berin abgerissen. Nachdem die ersten Gemälde zurückgewiesen worden waren 24 und sie in Berlin nicht mehr ausstellen durfte, zog sie sich ganz nach Dänemark und Schleswig-Holstein zurück.

Nur ihre Glasfenster ließ sie bis 1939 weiter in Berlin ausführen. Einladungen nach Paris und Kopenhagen durfte sie, eigenen Angaben zufolge, nicht mehr nachkommen. Auf Ausstellungen in Schleswig-Holstein oder im Frankfurter Kunstverein wurde ihre Kunst zum Teil skeptisch aufgenommen.

Neben rhetorischen Bezügen zur Naziideologie, mit denen manche beispielsweise die „Urkraft im Nordlandvolk“ 25 in ihren Bildern erkennen wollten, stand immer auch die kritische Frage, ob ihre Arbeiten mit den nationalsozialistischen Kunstbestrebungen nun im „Einklang oder irgendwie im Missklang stehen“.26 

Auch wurde kritisiert, dass ihre Figuren doch„oft reichlich dumpfu nd derb, zuweilen auch maskenhaft starr aussehen.“ 27 1940 hatte man ihr zum Anlass ihres 60sten Geburtstages den Schleswig-Holsteinischen Kunstpreis für ihr Lebenswerk verliehen.

Ironischerweise musste sie besonders in diesem Jahr stark gegen Kritik ankämpfen. Immer wieder war zu hören, dass ihre Kunst nicht als schön oder gefällig empfunden werden konnte. Obgleich sie der nationalsozialistischen Vereinnahmung ihrer Werke nicht öffentlich widersprochen hat, äußerte ihre Nichte einst, Käte Lassen hätte „sich sehr über die mickrigen Herren mokiert, die bestimmen wollten, was nordisch sei.“ 28

Andererseits existieren Werke wie ihr drittes Wandbild, „Nordischer Schwertertanz“, das sich bis heute verhüllt in der Aula der Pestalozzischule in Eckernförde befindet und in der Kritik steht, weil es angeblich die Nazi-Ideologie widerspiegele.29 

Während der Nazi-Zeit hatte Käte Lassen jedoch auch an ihrer religiösen Glasfensterkunst festgehalten. Angefangen von Morsum auf Sylt, schuf sie in Oeversee Glasfenster bis hin zu den Engelmedaillons und den apokalyptischen Turmfenstern in Karby zu Beginn des Zweiten Weltkrieges.

Mehr denn je zog sie sich nun nach Dänemark zurück. Oftmals blieb sie länger als ein halbes Jahr in ihrem Holzhaus und lebte dort manchmal bis in den Winter hinein ohne ausreichende Verpflegung. Und doch war sie dankbar für ihr Exil, denn besonders in dieser dunklen Zeit hatte sie dort eine Zuflucht gefunden, an die sie mit größter Dankbarkeit zurückdachte.

Als sie nach 1945 nicht nach Dänemark einreisen durfte, schrieb sie lange Briefe, die sich auch an den dänischen König richteten. Sie wollte dem dänischen Staat ihre eindrucksvollen Werke „Der Fischer und die Seinen“ (1932) und „Nordland“ (1934/35) schenken, und zwar „aus übergroßer Dankbarkeit, daß ich so lange in Dänemark in Freiheit leben durfte“, wie sie um 1948 schrieb.30

Als sie endlich im Jahr 1950 nach fünfjähriger Abwesenheit die Erlaubnis zur Einreise nach Dänemark erhielt, nahmen auch ihre Freunde Anteil, weil sie wussten, was diese Nachricht für die Künstlerin bedeutete. Carl Max Maedge schrieb ihr: „Mir ist als müsste ich selber die Koffer packen und so freudig zu Mute als ob ich selbst hinzureisen hätte.“ ## Zitat Ende Heft 2, aus dem Jahre 2007 (Quelle) ##

Zur Entlastung von Käte Lassen sei berichtet: Nach den Erinnerungen von Margarete Mitscherlich-Nielsen, die zwischen 1932 und 1937 bei der Familie Fulda (damaliger Polizeipräsident in Flensburg lebte, durfte man dort „verbotene“ Literatur wie Freud und Brecht lesen – und über das Nazi-Regime spotten.“

Quelle: Stephan Linck: „Am Werk des Führers mitarbeiten“. Die Leiter der Flensburger Polizeibehörde, in: Verführt.Verfolgt.Verschleppt. In: Broder Schwesen u.a (Hrsg.): Flensburger Beiträge zur Zeitgeschichte. Band 1. Flensburg 1996, S. 75–100.

Doch was nützen Berichte? Ein komisches Geschmäckle bleibt. 

Beitragsfoto: Hinweisschild, Käthe Lassen Hof, Flensburg, Holm (Innenstadt)

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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