Sagen und Legenden in Schleswig-Holstein: Delve und „Unse Leve Fru op dem Perde“

Über das Land zwischen Nord- und Ostsee ranken sich zahlreiche Sagen und Legenden. Besonders die Halligen, Inseln, Seeleute -und nicht zuletzt das Meer- bieten Stoff für zahlreiche Geschichten, die bis heute jedes Kind in Schleswig-Holstein kennt.

Delve* ist eine Gemeinde im Norden des Kreises Dithmarschen in Schleswig-Holstein, hart an der Grenze zum Kreis Schleswig-Flensburg. Delve enthält noch vergleichsweise viele historische Gebäude. Angefangen von Fischerkaten in der Nähe des Eiderufers bis hin zu großen Gehöften am Rande des ehemaligen Ortskerns. Insgesamt finden sich noch etwa 40 ältere reetgedeckte Häuser im Ort.

Die Sankt-Marien-Kirche, um die es in unserer Geschichte geht, ist eine Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert, die 1898 eine vorgemauerte Westfassade erhielt.

In der Kirche weisen noch drei Votivschiffe (Schiffsmodelle in Kirchen) auf die Bedeutung hin, die die Schifffahrt einst für den Ort spielte. Der Glockenstapel stammt von 1350 und ersetzte einen älteren Rundturm.

Es ist damit der zweitälteste freistehende Glockenturm Europas. (Quelle). Doch nicht nur das, um den Bau der Kirche rankt sich eine Sage, um die soll es nun gehen:

Eine eigene Kirche wollten sich die Leute aus der Eiderniederung zu Beginn des 13. Jahrhunderts bauen. „Nur wo die stehen sollte – darauf konnten sie sich nicht einigen.“ Der Dithmarscher Reiseleiter Johann-Peter Franzen kennt Legenden aus der Region, so auch diese:

Also beschloss man, ein Marienbildnis auf den Rücken einer Stute zu befestigen und diese laufen zu lassen. Wo man sie am kommenden Morgen beim Grasen fände, wolle man die Kirche bauen.

Die St.-Marien-Kirche in Delve wird auch „Unse Leve Fru op dem Perde“ genannt, denn sie fanden das Pferd in einem Gebüsch im Bruch einer großen Schleife des Flusses Eider. Und sie bauten Kirche und Dorf dort, wo heute Delve / Dithmarschen ist.

Wo seit fast 800 Jahren ein Gotteshaus steht, das wohl immer schon ein eigenes war so weit weg vom Rest der Welt und keine „Filiale“ damals bereits bestehender Kirchen.

Das Gotteshaus hat nicht nur eine schöne Geschichte, es ist zudem ein Schmuckstück – eine spätromanische Feldsteinkirche, eine Bronzetaufe aus dem 13. Jahrhundert, ein uralter Abendmahlkelch, eine 600 Jahre alte, geschnitzte Kreuzigungsgruppe, drei Votivschiffe an der Decke und ein altes Gemälde als gute Kopie eines Rembrandtwerkes.

Auch die Gegend lohnt einen Besuch. Die Eider windet sich in mächtigen Schleifen der Nordsee entgegen, weite Niederungen und ausgedehnte Moore kennzeichnen die Landschaft, dass sie bisweilen schaurig-schön macht.

Fast mag man sich in wohliger Weltenferne in die Zeit zurück versetzt fühlen, zu der die Stute losgelassen wurde – auf dass sie einen Ort für Glaube und Geborgenheit finden mögen.

*Übrigens: Der Name Delve ist abgeleitet vom niederdeutschen delf = Graben. Schon früh siedelten sich hier Fischer an, die auf der Geest ihre Häuser vor Fluten geschützt, aber dennoch in unmittelbarer Eidernähe aufbauen konnten.

Quelle:  Wolfgang Laur: Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein, 2. Aufl., Neumünster 1992, S. 208.

Foto: Kirche St. Marien; Autorin: Agnete – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=80442731

Autor: Willi Schewski

Fotograf. Blogger. Autor. Fotojournalist

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